Januar 2005

050117

ENERGIE-CHRONIK


Trittin will im Fall Grauf nicht "eingeknickt" sein

Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hat die Nichtwiederberufung von Eberhard Grauf in die Reaktorsicherheitskommission (RSK) verteidigt und den Vorwurf eines "Einknickens" vor den Kernkraftwerksbetreibern zurückgewiesen. Der ehemalige technische Leiter des Kernkraftwerks Neckarwestheim II war im Juli 2004 von der Energie Baden-Württemberg (EnBW) entlassen worden, nachdem er deren Sicherheitsmanagement in einer internen Besprechung mit dem Vorstandsvorsitzenden Utz Claassen scharf kritisiert hatte (040717, 041213). Die EnBW hatte die Entlassung allerdings nicht mit dem Inhalt, sondern mit der Form von Graufs Äußerungen begründet.

Das Ansinnen der EnBW, Grauf auch aus der Reaktorsicherheitskommission abzuberufen, war vom Bundesumweltministerium zunächst eindeutig zurückgewiesen worden. Die Nichtwiederberufung von Grauf bei der Neubesetzung der Reaktorsicherheitskommission im Dezember 2004 (041213) führte deshalb zu Mutmaßungen über ein nachträgliches "Einknicken" des Umweltministers Jürgen Trittin (Grüne) vor der EnBW bzw. den Kernkraftwerksbetreibern.

In einer Pressemitteilung vom 10. Januar begründete das Bundesumweltministerium die Nichtwiederberufung Graufs mit der Beendigung seiner Tätigkeit für die EnBW. Damit seien "tragende Gründe für eine erneute Berufung in die RSK - Tätigkeit als Leiter einer laufenden Atomanlage - entfallen". Grauf könne jedoch weiterhin in den ständigen Ausschüssen der RSK mitarbeiten.

Grundsätzlich entscheide über die Zusammensetzung der RSK der Bundesumweltminister. Von einem "Rauswurf" Graufs könne keine Rede sein. Seine reguläre Amtszeit sei Ende 2004 abgelaufen. Ihm stehe ebensowenig ein Anspruch auf die Wiederberufung zu wie der EnBW ein Anspruch auf die Abberufung.

Minister entschied gegen das Votum der Fachleute

Laut "Stuttgarter Zeitung" (8.1.) hat Bundesumweltminister Jürgen Trittin mit der Nichtwiederberufung Graufs reihenweise Verbünde im eigenen Haus, in der RSK, bei den Grünen und in der Antiatomszene vor den Kopf gestoßen. Insbesondere habe sich der Chef der Abteilung für Reaktorsicherheit im Ministerium, Wolfgang Renneberg (981104), vehement für ein Verbleiben des international renommierten Kernenergieexperten in der RSK eingesetzt. Rennebergs Mitarbeiter sollen sich zunächst sogar geweigert haben, dem Minister eine Besetzungsliste ohne den Namen Grauf vorzulegen. Auch die Mitglieder der RSK hätten sich in einem internen Beschluß einstimmig für das Verbleiben Graufs ausgesprochen.