Januar 2005 |
050103 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Chefs der vier Verbundkonzerne E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW trafen sich am 21. Januar mit Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) zu einem "Geheimgespräch", wie es in Presseberichten bezeichnet wurde. Dabei sollen sie vorgeschlagen haben, die Netznutzungsentgelte für Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von mehr als 100 Gigawattstunden (Millionen Kilowattstunden) zu halbieren und dies im neuen Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) festschreiben lassen, so daß auch die neue Regulierungsbehörde daran gebunden ist. Ferner sollen die vier Konzernchefs auf eine möglichst rasche Verabschiedung des Energiewirtschaftsgesetzes gedrängt haben, wobei sie die Absicht der Bundesregierung begrüßten, den Gesetzestext so umzuformulieren, daß eine zügige Verabschiedung ohne Mitwirkung des Bundesrats ermöglicht wird. (DPA, 21.1.; SZ, 22.1. u. 25.1.)
Clement will dem Vorschlag einer Halbierung der Netznutzungsentgelte für Großstromverbraucher zu Lasten der übrigen Kunden offenbar folgen. Jedenfalls hat er sein Ministerium einen entsprechenden Entwurf ausarbeiten lassen. Zur Begründung erklärte er am 26. Januar in Berlin: "Energieintensive Betriebe wie die Aluminiumbranche befinden sich am Anschlag, sie haben keine Gewinnmarge mehr. Ich kann nicht verantworten, daß diese Industrien Deutschland verlassen." Allerdings stößt Clement damit auf Widerstand in der SPD-Fraktion. Auch die Grünen wollen Abstriche an den Netznutzungsentgelten nicht in diesem Ausmaß zulassen. (FAZ, 27.1.)
"Die dem Bundeswirtschaftsminister Clement von den vier großen Stromkonzernen vorgeschlagene Entlastung der stromintensiven Industrie durch Absenkung der Netzentgelte führt zwangsläufig zu einer Strompreiserhöhung bei den Privathaushalten", betonte der Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen e.V. (VKU), Gerhard Widder, am 25. Januar in Köln. Das Gesetz der Redlichkeit gebiete es, darauf hinzuweisen, dass diese staatlich gewünschte Subventionierung von Unternehmen zu Lasten der normalen Stromkunden gehe. Die vier Verbundunternehmen hätten damit einen "großzügigen" Vorschlag zu Lasten anderer unterbreitet, der sie selbst keinen Cent koste. Offenbar gingen sie davon aus, dass die Stadtwerke am Ende die Kosten tragen würden, um die Preise für Haushaltskunden nicht noch weiter erhöhen zu müssen.
Auch der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) wandte sich gegen den Vorschlag. Eine solche Regelung zementiere nur die überhöhten Netzentgelte, sagte VIK-Geschäftsführer Alfred Richmann am 26. Januar in Berlin. (FAZ, 27.1.)
In einer weiteren Stellungnahme forderte der VIK am 20. Januar die Bundesregierung
auf, das neue Energiewirtschaftsgesetz auf eine tragfähige Basis zu
stellen. Er wandte sich damit gegen die Absicht der Bundesregierung, anstelle
des vom Bundesrat abgelehnten EnWG-Entwurfs (040901)
einen Gesetzestext vorzulegen, den der Bundestag ohne die Zustimmung des
Bundesrats verabschieden kann. Ein energiepolitischer Ordnungsrahmen, der
von vornherein auf Konfrontation mit den Bundesländern aufgebaut sei,
bilde keine tragfähige Basis für ein wirksames Funktionieren
der Regulierung für Strom- und Gasnetze. Wenn die Bundesregierung
ein neues Energiewirtschaftsgesetz ohne Zustimmungspflicht der Länder
verabschieden wolle, müssten wesentliche Fragen ausgeklammert werden.
Eine Mitwirkung der Bundesländer beim Vollzug der Regulierung ist
nach Ansicht des VIK akzeptabel, wenn die Bundes-Regulierungsbehörde
als zentrale Stelle einheitliche und klare Vorgaben mache, die für
alle Länder bundesweit verbindlich seien.