Mai 2004

040518

ENERGIE-CHRONIK


EU-Richtlinie zum Schutz vor elektromagnetischen Feldern am Arbeitsplatz

Das Parlament und der Rat der EU haben Mindestvorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch elektromagnetische Felder im Bereich von 0 Hertz bis 300 Gigahertz erlassen. Die entsprechende Richtlinie 2004/40/EG trat am 1. Mai in Kraft. Sie muß von den Mitgliedsstaaten binnen vier Jahren in entsprechende Rechts- und Verwaltungsvorschriften umgesetzt werden. Die Mindestvorschriften orientieren sich an den Empfehlungen der Internationalen Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierenden Strahlungen (ICNIRP). Die Arbeitgeber werden verpflichtet, die am Arbeitsplatz auftretenden Feldstärken zu kontrollieren und gegebenenfalls für Abhilfe zu sorgen. In der Praxis betrifft die Durchführung der Richtlinie in erster Linie die Stromversorger, deren technisches Personal häufig mit starken Wechselfeldern zu tun hat. Ein weiterer großer Bereich sind elektrische Bahnen, soweit die Beschäftigten an Bord von Zügen oder sonst in unmittelbarer Nähe von Bahnstromleitungen arbeiten.

Mögliche Langzeitwirkungen nicht berücksichtigt

Die Richtlinie ergänzt die bereits erlassenen Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer vor Vibrationen und Lärm. Sie soll durch die Einführung von Mindeststandards auch eventuellen Wettbewerbsverzerrungen vorbeugen. Es bleibt den Mitgliedsstaaten unbenommen, niedrigere Grenzwerte anzusetzen. Die Richtlinie bezweckt den Schutz vor "bekannten schädlichen Kurzzeitwirkungen im menschlichen Körper, die durch das Fließen induzierter Ströme und durch Energieabsorption sowie durch Kontaktströme verursacht werden". Mögliche Langzeitwirkungen - für die es bisher allerdings keine Hinweise gibt - sind ausdrücklich nicht einbezogen.

Die Richtlinie ergänzt ferner eine bereits im August 1999 erlassene Empfehlung des Rats zur allgemeinen "Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern", die ebenfalls den ICNIRP-Vorschlägen folgt und den Bereich von 0 Hertz bis 300 Gigahertz abdeckt (990822).

Bei beruflicher Exposition ist eine fünfmal höhere Stromdichte zulässig

Für Feldstärken am Arbeitsplatz gibt es in Deutschland bisher keine gesetzlichen Vorschriften, da die am 1.1.1997 in Kraft getretene 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung (961123) ausdrücklich nicht die beruflich bedingte Exposition umfaßt. Außerdem gilt diese nur für Felder, die von Spannungen ab 1000 Volt ausgehen. Es gibt jedoch einschlägige Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften, deren Grenzwerte mit den Forderungen der EU-Richtlinie übereinstimmen bzw. schärfer gefaßt sind.

ICNIRP und das Bundesamt für Strahlenschutz halten beim beruflich bedingten Aufenthalt in elektromagnetischen Feldern gegenüber der Exposition im Alltag eine etwa fünfmal so hohe Stromdichte mit davon abgeleiteten Grenzwerten für das elektrische und magnetische Feld für zulässig. Die jetzt erlassene EU-Richtlinie übernimmt diese bereits seit Jahren geltenden Empfehlungen, wie aus der folgenden Übersicht hervorgeht:

Stromdichte
(Kopf und Rumpf) 
in mA/m2
Davon abgeleitete Grenzwerte für elektrisches Feld
in V/m
Davon abgeleitete Grenzwerte für magnetisches Feld
(Flußdichte in µT)
 
Stromversorgung 
(50 Hz)
Bahn 
(16,7 Hz)
Stromversorgung 
(50 Hz)
Bahn 
(16,7 Hz)
EU-Richtlinie für
Arbeitsplätze
10
10000
ca. 30000
500
ca. 1500
26. BImSchV (Felder im Alltag)  
5000
10000
100
300
ICNIRP-Empfehlung
5000
 
100
 

Richtlinie unterscheidet zwischen Expositions- und Auslösegrenzwerten

Die Richtlinie deckt den gesamten Bereich der Hoch- und Niederfrequenz einschließlich stationärer Felder ab. Sie unterscheidet zwischen Expositions- und Auslösegrenzwerten. Die Expositionsgrenzwerte sind personenbezogene Höchstwerte, die als Stromdichte in Ampere pro Quadratmeter (A/m2) bzw. bei Hochfrequenz als spezifische Absorptionsrate (SAR) in Watt pro Kilogramm (W/kg) oder Leistungsdichte in Watt pro Quadratmeter (W/m2) angegeben werden. Die Einhaltung der Expositionsgrenzwerte gilt als gewährleistet, wenn die Auslösegrenzwerte eingehalten werden. Deren wichtigste Parameter sind die elektrische Feldstärke in Volt pro Meter (V/m) und die magnetische Feldstärke in Ampere pro Meter (A/m) bzw. die magnetische Flußdichte in Mikrotesla (µT).

Die Felder der Stromversorgung und der Bahn fallen in den Bereich von 4 bis 1000 Hertz, für den die Richtlinie eine Stromdichte von 10 Milliampere pro Quadratmeter als Expositionsgrenzwert vorsieht. Hinsichtlich des Auslösegrenzwertes gehören sie zum Bereich von 0,025 bis 0,820 Kilohertz, in dem der Wert von 500 V/m für die elektrische Feldstärke und von 25 Mikrotesla für die magnetische Flußdichte jeweils durch die Frequenz (in kHz) geteilt wird. Für die 50-Hertz-Felder der Stromversorgung ergeben sich so als Grenzwert 10 Kilovolt pro Meter für das elektrische und 500 Mikrotesla für das magnetische Feld. Für Bahnstrom mit 16,7 Hertz errechnen sich Grenzwerte von jeweils knapp 30 Kilovolt pro Meter und 1500 Mikrotesla.

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