Januar 2004 |
040117 |
ENERGIE-CHRONIK |
Rußland hat am 23. Januar einen Tag lang die Gaslieferungen an Weißrußland gestoppt, um den weißrussischen Diktator Alexander Lukaschenko zu wirtschaftspolitischen Zugeständnissen zu bewegen. In zwei Telefongesprächen mit dem russischen Präsidenten Putin erklärte Lukaschenko sich daraufhin bereit, über die russischen Forderungen zu verhandeln. Bis zum Abschluß der Gespräche gilt ein neuer, bis 29. Januar befristeter Liefervertrag.
In Moskau ist man zum einen verärgert über Lukaschenko, weil er die beschlossene Währungsunion zwischen beiden Ländern noch immer nicht verwirklicht hat. Zum anderen wollen die russischen Gaslieferanten höhere Preise durchsetzen, die Weißrußland in bar oder mit Anteilen an der nationalen Gastransportfirma Beltransgas zu bezahlen hätte. Bisher zahlt Weißrußland nur 30 Dollar pro Kubikmeter Erdgas, was etwa dem russischen Inlandspreis entspricht. Die benachbarte Ukraine muß knapp 50 Dollar zahlen. In Westeuropa wird dieselbe Menge für 120 Dollar verkauft.
Um die Preiserhöhungen durchzusetzen, hatte sich der russische Staatskonzern Gazprom Ende 2003 von der Verpflichtung zur Belieferung Weißrußlands befreien lassen. An seiner Stelle sprangen die "unabhängigen" Erdgasfirmen Itera und Trans Nafta ein, die aber 46 Dollar pro Kubikmeter verlangten. Der neue Gaspreis bedeutet für Weißrußland Mehrausgaben von rund 200 Millionen Dollar, die rund fünf Prozent des gesamten Staatshaushalts entsprechen. Das Regime in Minsk war anscheinend nicht in der Lage oder willens, den Zahlungsverpflichtungen voll nachzukommen, und hatte damit die jetzige Blockade ausgelöst. Eine längere Sperre der Gaslieferungen an Weißrußland könnte allerdings auch die russischen Erdgaslieferungen nach Deutschland beeinträchtigen, da das Regime in Minsk sicher nicht zögern würde, die Transitleitungen zur Eigenversorgung anzuzapfen. (FAZ, 24.1. u. 26.1.; NZZ, 26.1.)