Oktober 2003

031010

ENERGIE-CHRONIK


EU will grenzüberschreitende Strom-Verbindungen ausbauen

Die EU-Energiekommissarin Loyola de Palacio nahm den jüngsten Stromausfall in Italien (030901) zum Anlaß, um einen zügigen Ausbau des europäischen Stromverbunds zu fordern. Die Kommission werde in Kürze eine entsprechende Mitteilung vorlegen, kündigte sie am 28. September an. Es sei an der Zeit, der Energieinfrastruktur der Europäischen Union eine wirklich europäische Dimension zu geben. Gegenwärtig sei das Stromnetz in mehreren Regionen chronisch überlastet, wobei die Engpässe noch zunähmen. Bestimmte Teile der EU seien noch immer schlecht angebunden oder sogar völlig isoliert. Palacio verwies auf den Plan für die transeuropäischen Netze, den der Europäische Rat im März 2002 in Barcelona einstimmig billigte (020301). Er sieht vor, daß die Mitgliedsstaaten im Strombereich bis 2005 einen Verbundgrad von mindestens zehn Prozent ihrer installierten Produktionskapazität erreichen.

Bisher macht der grenzüberschreitende Stromhandel in der EU nur sieben Prozent des gesamten Stromverbrauchs aus. Nach Ansicht der EU-Kommission sind dafür zu geringe Verbindungskapazitäten verantwortlich, wodurch in einer Reihe von Mitgliedsstaaten die Vorzüge der Marktöffnung kaum zum Tragen kämen. Netzexperten geben dagegen zu bedenken, daß verbrauchsnahe Stromerzeugung der Versorgungssicherheit dient und die Netze in jedem Fall nur beschränkt belastbar sind (siehe 031011).

Als "besonders kritische Engpässe" bezeichnet die EU-Kommission die folgenden sieben transeuropäischen Strom-Verbindungen:

1. Die durch Belgien und die Niederlande führenden Verbindungen zwischen Frankreich  und Deutschland
2. Die grenzüberschreitenden Verbindungen Italiens mit Frankreich, Österreich und der Schweiz
3. Die Verbindungen zwischen Frankreich, Spanien und Portugal
4. Die fehlende Einbindung Griechenlands in das UCTE-System
5. Die Verbindungen Großbritanniens mit Kontinentaleuropa und Skandinavien
6. Die Verbindungen zwischen Irland, Nordirland und Großbritannien
7. Die Verbindungen zwischen Dänemark und Deutschland

Der Dachverband der europäischen Transportnetzbetreiber ETSO ( 990730) unterstützt die Vorstellungen der EU zum Ausbau des europäischen Stromverbunds, gibt aber zu bedenken, daß deren Verwirklichung in den meisten Ländern fünf bis zehn Jahre dauern werde. Die Transportnetzbetreiber hielten deshalb die Ausarbeitung eines vereinfachten und einheitlichen Verfahrens für notwendig, um die dringlichsten Engpässe zu beseitigen. Der Dachverband setzt sich ferner für eine gemeinsame Engpaß-Vorhersage aller ETSO-Mitglieder ein, wie sie bereits seit einem Jahr von der UCTE zur Vermeidung von Netzstörungen praktiziert wird (021110).

Die technischen Grenzen des Stromaustauschs in der EU

Wie aus einer früheren Mitteilung der EU-Kommission vom 20. Dezember 2001 hervorgeht, gibt es eine Gruppe von Mitgliedsstaaten mit einem externen Verbundgrad von etwa 20 Prozent oder mehr (Dänemark, Schweden, Österreich, Belgien, Finnland und die Niederlande), die relativ gut mit ihren Nachbarländern verbunden sind. Eine Gruppe aus zwei Mitgliedsstaaten (Deutschland und Frankreich) weist einen Verbundgrad von etwa zehn Prozent auf. Schließlich gibt es eine Gruppe von sechs Mitgliedsstaaten (Großbritannien, Spanien, Irland, Griechenland, Portugal und Italien), deren Verbundgrad mit nur drei bis sieben Prozent der installierten Gesamtkapazität niedrig und wie in Spanien und Großbritannien mit drei Prozent am geringsten ist.

In ihrer Mitteilung vom Dezember 2001 verwies die Kommission auch auf die ständig überlasteten Verbindungen Italiens mit Frankreich, der Schweiz und Österreich, die auf hohe Einfuhren aus Frankreich zur Deckung des inländischen Strombedarfs zurückzuführen sei. Kurz- bis mittelfristig sei keine nennenswerte Verbesserung dieser angespannten Situation zu erwarten. Um so dringlicher sei die Verwirklichung der geplanten drei zusätzlichen 380-kV-Verbindungen mit der Schweiz, Frankreich und Österreich.

Dieses Diagramm zeigt für jeden Mitgliedsstaat der EU die Gesamteinfuhrkapazität aus allen mit ihm verbundenen Ländern im Verhältnis zur eigenen installierten Gesamtstromerzeugungskapazität. Darüber hinaus zeigt das Diagramm den Anteil der tatsächlichen Einfuhren am nationalen Verbrauch, aus dem sich schließen läßt, in welchem Umfang die Verbindungsleitungen für Einfuhren genutzt werden (Frankreich nutzt seine Verbindungsleitungen hauptsächlich für Ausführen, die in diesem Diagramm nicht ersichtlich sind).

Im Hinblick auf das Verhältnis zwischen dem Verbundgrad und dem Anteil der eingeführten Elektrizität geht aus dem Diagramm eine klare Korrelation zwischen der Höhe der Stromimporte und der entsprechenden Einfuhrkapazität hervor. Außerdem gibt es eine Gruppe von Mitgliedsstaaten (Italien, Portugal, Spanien, Großbritannien und die Niederlande), die ihre Einfuhrkapazität intensiv nutzen, was auf Engpässe hinweist.

(Alle Angaben: Mitteilung der EU-Kommission zur europäischen Energieinfrastruktur vom 20. Dezember 2001)

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