August 2003 |
030809 |
ENERGIE-CHRONIK |
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf begründet es keinen Anfangsverdacht auf überhöhte Netznutzungsentgelte, wenn ein Netzbetreiber seine Kalkulation auf die Preisfindungsprinzipien stützt, wie sie in der Anlage 3 zur Verbändevereinbarung II plus vereinbart wurden. Das Gericht hob deshalb den Sofortvollzug einer Verfügung auf, mit der das Bundeskartellamt den Regionalversorger Heag zu detaillierten Angaben hinsichtlich der Berechnung seiner Netznutzungsentgelte zwingen wollte. Das Bundeskartellamt könne solche Auskünfte nur fordern, wenn im Einzelfall ein konkreter Anfangsverdacht vorliege. Der pauschale Hinweis auf die Verbändevereinbarung genüge nicht. Vielmehr spreche in einem solchen Fall die neu ins Energiewirtschaftsgesetz aufgenommene Vermutungsregelung des Paragraphen 6 dafür, daß die Bedingungen guter fachlicher Praxis erfüllt sind.
Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) bedauerte das Urteil, weil es dem Bundeskartellamt die Hände binde und ein Schlag für den Stromwettbewerb sei. Der VIK halte das Urteil auch rechtlich für falsch. Mit der ebenfalls in Paragraph 6 EnWG enthaltenen Formulierung "§ 19 Abs. 4 und § 20 Abs. 1 und 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen bleiben unberührt" habe der Gesetzgeber klargestellt, daß die Kontrollmöglichkeiten des Kartellamtes durch die Vermutungsregelung nicht berührt würden.
Schon im Mai und im Juli hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf den Sofortvollzug von Preissenkungen aufgehoben, die das Bundeskartellamt der Thüringer Energie AG (030202) und den Stadtwerken Mainz (030405) auferlegen wollte. Damit bleiben die Netznutzungsentgelte beider Unternehmen bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiterhin gültig.