März 2003 |
030311 |
ENERGIE-CHRONIK |
Wie aus der Ende März vorgelegten Bilanz der Electricité de France (EDF) hervorgeht, sank der Nettogewinn des französischen Strommonopolisten im vergangenen Jahr um knapp 43 Prozent auf 481 Millionen Euro. Gründe waren das schwache Abschneiden der deutschen Tochter Energie Baden-Württemberg (EnBW) sowie Verluste in Südamerika. Obwohl es sich um das schlechteste Ergebnis seit acht Jahren handelt, ist - wenigstens der offiziellen Bilanz zufolge - der Staatskonzern mit einem blauen Auge davongekommen, da die Unternehmensleitung zunächst sogar mit roten Zahlen gerechnet hatte (020804).
Laut "Neue Zürcher Zeitung" (28.3.) zeigt allerdings die EDF-Bilanz nicht das volle Bild, "da außerbilanzliche Verpflichtungen bestehen, die allein in Frankreich auf 10 Mrd. Euro geschätzt werden und bei Auslandstöchtern um 91 Prozent auf 12 Mrd. Euro gestiegen sind". Erstmals nahm auch die französische Regierung zum EDF-Ergebnis öffentlich Stellung und bezeichnete den Zustand des Unternehmens als "nicht befriedigend".
Wenige Tage zuvor hatte die Zeitung "Le Monde" (13.3.) berichtet, daß die EDF im vergangenen Jahr anstelle eines Gewinns von 200 Millionen Euro einen Verlust von 1,1 Milliarden Euro erwirtschaftet habe und diesen Verlust verschleiern wolle. Die Rechnungsprüfer würden sich deshalb weigern, die vorgelegten Zahlen abzusegnen.
Die EDF dementierte diese Berichte als "offensichtliche Unwahrheiten". Zwei Tage später räumte die Zeitung selber ein, sich bei ihren Recherchen zum Geschäftsergebnis der EDF geirrt zu haben: "Die Ehrlichkeit gebietet uns heute, ohne Umschweife zu sagen, daß wir uns getäuscht haben", hieß es in einer förmlichen Entschuldigung der Redaktion gegenüber den Lesern und EDF-Chef Francois Roussely.
Die Entschuldigung war für die angesehenste französische Zeitung besonders peinlich, nachdem ihr in einem neu erschienenen Buch vorgeworfen worden war, Kampagnen-Journalismus zu betreiben. Überzeugende Indizien für diesen Vorwurf waren die Verfasser des Buches allerdings schuldig geblieben, so daß ihr Buch eher selber den Eindruck einer Kampagne gegen "Le Monde" erweckte.
EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti kündigte in einem Interview mit der Wirtschaftszeitung "La Tribune" (17.3.) ein Verfahren gegen Frankreich an, nachdem es die Pariser Regierung abgelehnt hat, die Staatsgarantien für die EDF abzuschaffen, die dem französischen Strommonopolisten quasi als staatliche Beihilfen zugute kommen und damit Wettbewerbsvorteile verschaffen (021007).