Landgericht Berlin hält Verbändevereinbarungen
für gesetzwidrig
Nach Meinung des Landgerichts Berlin sind die Verbändevereinbarungen
ein klarer Verstoß gegen Paragraph 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
(GWB). Das Gericht wies deshalb am 6. März einen Antrag des Bundesverbands
neuer Energieanbieter (BNE) ab, ihn per einstweiliger Verfügung an
den Verhandlungen zur Verbändevereinbarung Gas zu beteiligen. Antragsgegner
des BNE waren der Bundesverband der Industrie (BDI), der Verband der industriellen
Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), der Verband der kommunalen Unternehmen
(VKU) und der Bundesverband der Gas- und Wasserwirtschaft (BGW).
In dem zwanzig Seiten umfassenden schriftlichen
Urteil setzt sich das Gericht zunächst ausführlich mit der Vorgeschichte
der Verbändevereinbarungen auseinander, wobei es unter anderem auf
das 14. Hauptgutachten der Monopolkommission (020702)
und deren Sondergutachten zur Fusion E.ON/Ruhrgas (020503)
verweist. Die Zurückweisung des BNE-Antrags wird zunächst mit
mangelnder Dringlichkeit begründet. Das Gericht sieht aber auch prinzipiell
keinen Anspruch des BNE auf Beteiligung an den Verhandlungen, weil "die
Teilnahme an einer unzulässigen Kartellabsprache niemand - nach keiner
denkbaren Rechtsgrundlage - verlangen kann".
In der Entscheidungsbegründung heißt
es unter anderem wörtlich:
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"Die Kammer sieht in der beabsichtigten VV Gas III
allerdings eine unzulässige Kartellabsprache, da die Anbieter von
Gasleitungsnetzen - vertreten durch ihre Unternehmensvereinigungen - darin
gemeinsame Regelungen über den Zugang zu Leitungsnetzen treffen, die
geeignet sind, den Wettbewerb zwischen ihnen zu beschränken."
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"Die Dämpfung des Wettbewerbs und die Gewinnung
von Grenzkunden durch Vereinheitlichung der Preiskalkulationsgrundsätze
reicht als Wettbewerbsbeschränkung aus; denn je stärker die Stellung
der Unternehmen im räumlich relevanten Markt ist, desto geringer braucht
im Rahmen des § 1 GWB die Schwächung des Restwettbewerbs zu sein."
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"Gegen eine Kartellrechtswidrigkeit spricht nicht schon,
daß das Bundeskartellamt bisher nicht gegen diese Form der Vereinbarungen
eingeschritten ist, da es im Rahmen des Opportunitätsprinzips (§
47 OWiG) bestimmte Verstöße dulden kann."
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"Die bloße 'Billigung', selbst die Initiierung
der Vereinbarungen durch das BMWA vermag die Legalisierung der Vereinbarung
nicht herbeizuführen."
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"Die Kammer geht aber davon aus, daß selbst die
Beteiligung aller interessierten Gruppen- insbesondere auch der Endverbraucher
- die Kartellabsprache nicht aus dem Verbotstatbestand führen würde."
Links (intern)
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Bundesrat gegen Einschränkung der kartellrechtlichen
Mißbrauchsaufsicht (030303)
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Kartellamt ordnet erstmals Senkung von Netznutzungsentgelten
an (030202)
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Bundesverband neuer Energieanbieter gegründet
(021013)
Link (extern, ohne Gewähr)
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Das Urteil des Landgerichts Berlin kann auf der Webseite
des BNE per E-Mail
angefordert werden.