August 2002

020810

ENERGIE-CHRONIK


Auch Vattenfall-Unternehmen schreiben Regelenergie aus

Auch der Vattenfall-Konzern wird künftig die Beschaffung von Regelenergie ausschreiben. Er folgt damit dem Beispiel von RWE (000713), E.ON (010812) und EnBW (020203). Wie das Bundeskartellamt am 19. August mitteilte, hat es deshalb die Mißbrauchsverfahren gegen die Vattenfall-Unternehmen Bewag, HEW und Veag (011006) eingestellt. Vattenfall werde das Ausschreibungssystem zur Beschaffung von Regelenergie ab 1. September 2002 praktizieren. Gleichzeitig würden die drei Unternehmen rückwirkend ein Abrechnungssystem anwenden, das die negativen Auswirkungen der bisherigen Abrechnung für Regelenergie weitgehend beseitige.

Das Bundeskartellamt will mit dem Zwang zur Ausschreibung eine Senkung der Kosten für Regelenergie erreichen. Es hegt nämlich den Verdacht, daß die vier Verbundkonzerne unabhängige Stromanbieter bei der Nutzung der Netze benachteiligen, indem sie ihre Netzgesellschaften überhöhte Kosten für Regelenergie ansetzen lassen. Solche überhöhten Preise müssen zwar auch von den eigenen Vertriebsgesellschaften bezahlt werden. Sie schlagen aber bei den Netz- bzw. Kraftwerksgesellschaften innerhalb desselben Konzerns als Mehreinnahmen zu Buche. Außenstehende Netznutzer verfügen nicht über diese Möglichkeit der Kompensation. Hinzu kommt, daß sie aufgrund ihres kleineren Kundenkreises sowieso einen relativ höheren Regelenergiebedarf haben.

Der Verband der Industriellen Industrie- und Kraftwirtschaft (VIK) hatte im April 2002 einen "dramatischen Preisanstieg" für Regelenergie kritisiert (020409). Innerhalb eines Jahres seien die Preise für die Primär- und Sekundärregelleistung um 90 bis 150 Prozent gestiegen. Die Beschwerde des VIK richtete sich gegen die E.ON Netz GmbH und RWE Net AG, obwohl diese beiden Netzbetreiber dem Druck des Bundeskartellamts bereits nachgegeben und sich zur Ausschreibung von Regelenergie verpflichtet hatten.

Nach Angaben ihres Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Kässer wendet die RWE Net AG derzeit rund 300 Millionen Euro jährlich für Regelenergie auf. Das sei soviel, wie RWE für das gesamte Netz ausgebe (ZfK 8/02).

Kosten für Regelenergie sind Bestandteil des Netznutzungsentgelts

Regelenergie wird benötigt, um die beim Betrieb des Stromnetzes auftretenden Schwankungen auszugleichen. Solche Schwankungen entstehen sowohl durch den ungleichmäßigen Bezug der Stromkunden auf der Verbraucherseite als auch durch ungleichmäßige Einspeisung auf der Erzeugerseite (Windkraftanlagen, Kraftwerksausfälle). Für die Stabilität von Frequenz und Spannung im Netz trotz der Schwankungen sorgt zunächst die "Primärregelung" in den Kraftwerken, die dann durch schnell startende zusätzliche Kraftwerkskapazitäten als "Sekundärregelung" entlastet wird (siehe "Das Netz der Stromversorgung"). Die Kosten der Regelenergie wurden bis zur Liberalisierung des Strommarktes nicht gesondert erfaßt. Ihre getrennte Ausweisung ist eine Folge des seit 1998 geltenden neuen Energierechts, das die integrierten Stromversorger zu einer zumindest buchhalterischen Trennung von Erzeugung, Netz und Vertrieb ("unbundling") verpflichtet. Sie ist seitdem ein Bestandteil des Netznutzungsentgelts, das die integrierten Stromversorger sowohl ihrem eigenen Stromvertrieb als auch außenstehenden Netznutzern in Rechnung stellen.