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Zu den neuen Geschäftsfeldern der EEX gehörte der Handel mit Emissionszertifikaten. Wie diese Übersicht zeigt, kletterte der Preis für eine Tonne CO2 bis 19. April auf den Rekordstand von 29,70 Euro, um unmittelbar danach ins Bodenlose abzustürzen. Der Grund dafür war das Bekanntwerden eines europaweiten Überangebots von CO2-Emissionszertifikaten. Oder anders gesagt: An der Börse war nicht mit Fakten und realen Werten, sondern nur mit heißer Luft gehandelt worden.
Die neue Leipziger "Energy Exchange" war ursprünglich wie ihre beiden Vorgänger eine reine Strombörse. Sie erweiterte aber sukzessive ihre Geschäftsfelder in Richtung auf eine Energiebörse, als die sie sich ja auch von Anfang an bezeichnete. Mit ihrer englischen Namensgebung brachte sie zugleich zum Ausdruck, daß sie sich nicht auf Deutschland beschränken wollte, sondern in Konkurrenz zu den Strombörsen in anderen europäischen Ländern trat.
Zunächst expandierte die EEX innerhalb des Strombereichs durch den Ausbau des Terminhandels, die Einführung von Optionen auf Futures, den "Intraday-Handel" und die Ausweitung des Spothandels auf die Schweiz. Nach der gesetzlichen Verankerung des Handels mit Emissionszertifikaten betrat sie neues Terrain, indem sie einen entsprechenden Preisindex veröffentlichte und im März 2005 selber den Handel mit CO2-Zertifikaten aufnahm. Seit Mai 2006 bot sie ferner finanzielle Kohle-Futures sowie das Clearing für Kohlekontrakte aus dem OTC-Markt an. Nachdem die Bundesnetzagentur die gröbsten Hemmnisse auf dem Gasmarkt beseitigt hatte, begann sie im Sommer 2007 auch den Handel mit Erdgas.
Umsatzmäßig wurde der Spotmarkt bald vom Terminhandel überrundet, den die Frankfurter Strombörse im März 2001 aufgenommen und bei ihrer Fusion mit der Leipziger LPX, die bis dahin nur am Spotmarkt tätig war, in die neue EEX miteingebracht hatte. Schon 2003 entfiel der größte Teil des an der Leipziger EEX gehandelten Umsatzes von insgesamt 391 Terawattstunden (TWh) mit 342 TWh auf den Terminmarkt, der damit nahezu das Dreifache des Vorjahresvolumens von 117 TWh erreichte (einschließlich des OTC-Clearing mit 191 TWh). Am Spotmarkt lag das Handelsvolumen mit 49 TWh um 49 Prozent über dem Vorjahresumsatz von 33 TWh und entsprach etwa zehn Prozent des deutschen Stromverbrauchs.
Im Unterschied zum zugrundeliegenden Spotmarkt wird am Terminmarkt der Strom größtenteils nicht physisch gehandelt bzw. tatsächlich geliefert. Es werden vielmehr sogenannte „Futures“ vereinbart, die man sich als eine Art Wette über die künftige Entwicklung des Strompreises am Spotmarkt vorstellen kann: Je nach tatsächlicher Preisentwicklung profitiert dann bei Fälligkeit des Futures der Käufer oder der Verkäufer. Der Sinn solcher Kontrakte besteht darin, sich gegen Preisschwankungen abzusichern. Das EEX-Regelwerk sieht deshalb für Futures keine direkte Lieferung von Strom vor, sondern die Erfüllung der Ansprüche durch Barausgleich. Wie am Spotmarkt gibt es die Futures sowohl für Grundlast (Baseload) als auch für Spitzenlast (Peakload). Die Laufzeit der Kontrakte beträgt zwischen einem und 18 Monaten. In den Terminmarkt mit einbezogen ist das sogenannte OTC-Clearing. Dabei handelt es sich um Terminkontrakte, die „over the counter“ (OTC) direkt zwischen zwei Geschäftspartnern zustande kommen, deren Abwicklung aber der Börse anvertraut wird.
Seit 8. November 2004 handelte die EEX auch mit Optionen auf Strom-Futures. Sie erweiterte damit den Börsenhandel, der im Juni 2000 mit dem Spotmarkt begann und im März 2001 um den Terminhandel ergänzt wurde, um eine weitere Stufe des Handelsgeschäfts. Während der Terminmarkt auf dem Spotmarkt aufbaut, setzt der Handel mit Optionen den Terminmarkt voraus. Er ermöglicht es Käufern und Verkäufern, das finanzielle Risiko von Stromlieferverträgen zu minimieren, ohne auf die Chancen einer günstigen Preisentwicklung zu verzichten. – Die nächste Stufe wäre dann tatsächlich der Handel mit "Optionen auf Optionen auf Optionen", wie der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt einmal spöttisch den ausufernden Derivatehandel charakterisiert hat.
Am 25. September 2006 begann die EEX mit dem sogenannten Intraday-Handel für Käufe und Verkäufe von Stromlieferungen innerhalb desselben Tages (nach § 5 Abs. 2 der Stromnetzentgeltverordnung haben die Netzbetreiber kurzfristige Stromlieferungen mit einem zeitlichen Vorlauf von mindestens 45 Minuten zu jeder Viertelstunde eines Tages zu ermöglichen.) Die elektronische Plattform zum Intraday-Handel ergänzte den seit sechs Jahren bestehenden Spotmarkt für physische Stromlieferungen am Folgetag. Sie stand den damals 132 Handelsteilnehmern, die bereits am EEX Spotmarkt zugelassen waren, rund um die Uhr zur Verfügung. Der Handel und die Abwicklung erfolgten in allen vier deutschen Regelzonen.
Im April 2005 dehnte die EEX ihr Geschäft auf Österreich als neue Handelszone aus. Sie trat damit in Konkurrenz zur österreichischen Strombörse Energy Exchange Austria (EXAA), die im März 2002 den Spothandel aufgenommen hatte. Die EXAA erweiterte zur selben Zeit ihr Marktgebiet um die beiden deutschen Regelzonen von E.ON und RWE. Im Vergleich mit der EEX blieb aber der EXAA-Spotmarkt wenig bedeutend. Zum Beispiel setzte er 2008 nur insgesamt 2,5 Terawattstunden um, während sich bei der EEX das Handelsvolumen für das Marktgebiet Deutschland/Österreich auf 145 Terawattstunden belief.
Im Dezember 2006 nahm die EEX zusätzlich den Spothandel für das Netzgebiet der Schweiz auf. Bereits ein Jahr zuvor wurde ein Bilanzkreisnetzvertrag mit dem nationalen schweizerischen Netzbetreiber Etrans geschlossen und die Simulation der physischen Lieferung erfolgreich durchgeführt. Für das Netzgebiet der Schweiz existierte bis dahin keine Börse, sondern lediglich der Swiss Electricity Price Index (Swep) als Großhandelspreis für kurzfristig gehandelte elektrische Energie. Er wurde seit 1998 von Dow Jones aufgrund der von Atel, EGL und BKW gemeldeten Geschäfte ermittelt und auf den Internet-Seiten der drei schweizerischen Stromunternehmen veröffentlicht.
Seit 26. Oktober 2004 veröffentlichte die EEX einen Referenzpreis für den europaweiten Handel mit CO2-Zertifikaten. Der Handel mit CO2-Emissionszertifikaten wurde im März des folgenden Jahres aufgenommen. Am 20. Mai 2005 überschritt der "European Carbon Index" der EEX erstmals die Grenze von 18 Euro pro Tonne CO2. Am 26. Mai erreichte er mit 19,84 Euro pro Tonne CO2 einen weiteren Höchststand. Da die Großstromproduzenten den fiktiven Wert ihrer CO2-Zertifikate auf die Strompreise aufschlugen, trug der CO2-Index der EEX in starkem Maße zum weiteren Anstieg der Strompreise bei.
Am 2. Juli 2007 erweiterte die EEX ihr Geschäftsfeld ein weiteres Mal, indem sie zusätzlich den Handel mit hochkalorischem Erdgas (H-Gas) aufnahm. Am Spotmarkt waren zunächst 20 und am Terminmarkt 26 Teilnehmer zugelassen. Der Spotmarkt beschränkte sich vorerst auf das norddeutsche Marktgebiet des Erdgastransporteurs BEB. Am Terminmarkt war außerdem der Handel im gesamten Marktgebiet der E.ON-Ruhrgas möglich, die zum 1. Oktober ihre bisher drei Marktgebiete für H-Gas zu einem einzigen Marktgebiet vereinigte. Um möglichst viele Unternehmen zur Teilnahme am Spot- und Terminmarkt für Gas zu bewegen, ermäßigte die Börse ihre Transaktionsentgelte bis Ende 2007 für den Spotmarkt auf ein Viertel und für Futures auf die Hälfte des normalen Entgelts.
Als erste europäiische Börse eröffnete die EEX am 2. Mai 2006 den Handel mit finanziell abgerechneten Kohle-Futures sowie das Clearing von außerbörslich abgeschlossenen Kohle-Geschäften (OTC-Clearing). Der Terminmarkt für Kohle entwickelt sich allerdings nur zögerlich: Bis Jahresende wurden lediglich 1,9 Mio. Tonnen Kohle gehandelt.