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Viele Berichte über angebliche Risiken von Feldern vermengen Tatsachen und Halbwahrheiten mit regelrechtem Unsinn. Unter dem Schlagwort "Elektrosmog" werden die elektrischen und magnetischen Felder des elektromagnetischen Spektrums unterschiedslos zusammengeworfen.

Noch unbekannte Risiken durch Felder?

Da auch starke magnetische Gleich- und Wechselfelder von den menschlichen Sinnesorganen nicht bemerkt werden, haben Wissenschaftler einen "Doppelblindversuch" durchgeführt, um möglicherweise verborgenen Einwirkungen auf Körper und Psyche auf die Spur zu kommen: Zahlreiche Versuchspersonen wurden eine Woche lang viele Stunden täglich in zwei äußerlich gleichartige Kabinen gesetzt. Ein Teil wurde dabei starken Magnetfeldern bis zu 5 Millitesla ausgesetzt. Die übrigen dienten als Kontrollgruppe und blieben unbehandelt. Während des Tests wurden an den Teilnehmern beider Gruppen umfangreiche medizinische Messungen und blutchemische Analysen durchgeführt. Die Auswertung ergab, daß selbst solche starken technischen Wechselfelder keine Auswirkungen auf das objektive oder subjektive Befinden der Versuchspersonen hatten (die bei Durchführung des Versuchs nicht wissen konnten, ob sie dem Magnetfeld ausgesetzt waren oder nicht).

Aus dem Umstand, daß es bisher keine Anhaltspunkte für ein irgendwie geartetes Risiko durch die im Alltag üblichen Feldstärken gibt, kann allerdings nach den Regeln der Logik noch nicht der Umkehrschluß gezogen werden, daß ein solches Risiko auszuschließen sei. Es muß deshalb prinzipiell als offene Frage gelten, ob nieder- und hochfrequente Felder des elektromagnetischen Spektrums unterhalb der Schwelle extremer Feldstärken mit thermischer Wirkung oder Nervenreizungen eine noch unbekannte Wirkung auf den menschlichen Organismus haben könnten. Schließlich sind fast alle Stoffwechselvorgänge im Körper mit der Verschiebung von Ionen - also geladenen Teilchen - verbunden. Es ist deshalb durchaus möglich, daß elektrische und magnetische Felder unserer technisierten Umwelt diese Teilchen beeinflussen. Das bedeutet aber noch nicht, daß ein solcher Einfluß auf die Stoffwechselvorgänge unbedingt störend im Sinne eines Gesundheitsrisikos sein müßte. Schließlich wirkten elektrische und magnetische Felder unterschiedlicher Intensität und Frequenz schon immer auf die Menschheit und ehe diese damit begann, elektrische Ladungen künstlich zu bewegen und so die Natur zu simulieren.

Epidemiologische Studien - Korrelation und Kausalität

Es gibt unterschiedliche und recht komplizierte Spekulationen darüber, wie eine biochemische Einwirkung von Feldern auf das Zellgewebe stattfinden könnte. Die entsprechenden Untersuchungsergebnisse sind aber im einzelnen wenig aussagekräftig und insgesamt widersprüchlich. Jedenfalls ist kaum zu befürchten, daß sich hier plötzlich eine bislang verkannte Dimension an Gesundheitsgefährdung auftut. Sonst hätte die Vervielfachung von Sendern und Stromverbrauch in den letzten Jahrzehnten die Volksgesundheit der hochentwickelten Länder in siginifikanter Weise untergraben müssen. Dies war aber offensichtlich nicht der Fall.

Mangels fehlender Erkenntnisse über einen biochemischen Wirkungszusammenhang wird immer wieder der Versuch unternommen, einem möglichen Gesundheitsrisiko nieder- und hochfrequenter Felder durch epidemiologische Studien auf die Spur zu kommen. So erregte 1992 eine schwedische Studie Aufsehen, wonach bei Kindern, die weniger als 50 Meter von einer Hochspannungsleitung entfernt wohnten, doppelt soviele Fälle von Leukämie wie im Landesdurchschnitt festgestellt wurden. Andere Fachleute haben das Datenmaterial dieser Studie eingehend überprüft und konnten keinerlei Bestätigung für diese Schlußfolgerung finden. Zunächst paradox klingt dabei, daß auch entschiedene Kritiker des angeblichen Leukämie-Befundes den schwedischen Forschern bescheinigen, ihre Studie im Rahmen des Möglichen korrekt erarbeitet zu haben. Ja, im Grunde lasse sich eine derartige Studie kaum besser durchführen. Aber gerade deshalb sei die schwedische Studie ein gutes Beispiel für die mangelnde Ergiebigkeit derartiger epidemiologischer Untersuchungen. Letzten Endes beweise sie vor allem, wie voreilige Schlußfolgerungen entstehen können, wenn karge und wenig aussagekräftige Ergebnisse interpretiert werden.

Ein bedeutsamer Schwachpunkt solcher epidemiologischer Studien liegt zunächst darin, daß es überaus schwierig ist, eine statistisch hinreichende Zahl von Untersuchungspersonen zu finden. Hinzu kommt als grundsätzliches Dilemma, daß solche Studien bestenfalls Indizien, aber keinerlei Beweise für ursächliche Zusammenhänge liefern können. Eine statistisch signifikante Korrelation zwischen zwei Phänomenen kann ein wichtiger Hinweis für einen kausalen Zusammenhang dieser beiden Phänomene sein, sagt aber noch nichts über die Art dieses Zusammenhangs. Wenn zum Beispiel ein Geburtenanstieg statistisch signifikant mit dem gehäuften Auftreten von Störchen korreliert, ist damit noch kein Beweis erbracht, daß tatsächlich der Storch die Kinder bringt...

Weiterhin kranken alle epidemiologischen Untersuchungen an der Unmöglichkeit, wirklich verläßliche Kriterien für die Beeinflussung durch Felder zu finden, denen die Probanden ausgesetzt waren. Wie soll sich ermitteln lassen, wer sich wann wo wie lange in welchem möglichen Feld aufgehalten hat? Wer weiß schon, welchen anderen Einflüssen die Probanden dabei ausgesetzt waren, vom passiven Mitrauchen in der Kneipe über das Einatmen von Auspuffgasen bis zur kosmischen Höhenstrahlung im Flugzeug? Wenn dann noch die zahlenmäßige Basis der Fälle so dünn ist, wie dies gerade bei den Untersuchungen zum Leukämie-Risiko der Fall zu sein pflegt, stehen solche epidemiologischen Untersuchungen selbst statistisch auf mehr als schwachen Füßen. Den Nachweis eines kausalen Zusammenhangs können sie keinesfalls erbringen.

Die Stärke elektrischer und magnetischer Felder kann, je nach Situation, erheblich streuen. Die Streubreite ist hier logarithmisch dargestellt: Jeder Schritt auf der Meßachse nach rechts bedeutet eine Verzehnfachung der Feldstärke.

Felder sind praktisch überall

Trotz dieser Sachlage hegen manche Menschen die Befürchtung, sie könnten durch technisch erzeugte elektrische und magnetische Felder in ihrem Wohlbefinden oder gar in ihrer körperlichen Gesundheit beeinträchtigt werden. Sie fühlen sich in solchen Ängsten bestätigt, wenn es mit einem mehr oder weniger geeigneten Meßgerät gelingt, das bloße Vorhandensein eines Feldes nachzuweisen; wenn also das Meßgerät zu piepsen beginnt oder einen Zeigerausschlag aufweist. Der Laie weiß in der Regel nicht, daß praktisch überall elektrische und magnetische Felder vorhanden sind, natürliche wie künstliche, und daß es kein sonderliches Problem ist, sie mit einem geeigneten Meßgerät nachzuweisen.

So hat bereits das Erdmagnetfeld eine mittlere Stärke von 40 Mikrotesla, die sich im Tages- und Jahresverlauf um bis zu 1000 Nanotesla ändert. Mit entsprechend sensiblen Gerätschaften läßt sich sogar der Strom nachweisen, der bei der Bewegung des menschlichen Körpers durch das magnetische Gleichfeld der Erde entsteht (physikalisch ist es nämlich gleichgültig, ob ein Strom durch die Bewegung der elektrischen Ladung gegenüber dem ruhenden Körper oder durch die Bewegung des Körpers gegenüber dem ruhenden Magnetfeld erzeugt wird).

Erdmagnetfeld meist stärker

Obwohl Gleichfelder nicht ohne weiteres mit Wechselfeldern verglichen werden können, ist es interessant zu wissen, daß sich die Stärke der meisten technischen Magnetfelder, denen wir im Alltag begegnen, innerhalb der Stärke des Erdmagnetfeldes und dessen Schwankungsbreite bewegt. Zum Beispiel beträgt die Feldstärke einer 100-Watt-Glühbirne in einem halben Meter Entfernung etwa 260 Nanotesla. Das entspricht etwa einem Hundertfünfzigstel des Erdmagnetfelds. Ein 1000-Watt-Bügeleisen erzeugt in zwei Meter Abstand ein Magnetfeld von etwa 2 Mikrotesla. Dies entspricht jener Größenordnung, um die das natürliche Magnetfeld schwankt, wenn erhöhte Sonnenaktivität die sogenannten magnetischen Stürme verursacht.

Etliche andere Magnetfelder des Alltags sind auf kurze Distanz stärker als das Erdmagnetfeld. Deutlich sichtbar wird dies bei der Ablenkung einer Kompaßnadel in der Nähe von Dauermagneten, wie sie in Lautsprechern oder Elektromotoren enthalten sind. Der elektrische Anlasser eines Autos erzeugt in einem Meter Abstand ein Feld von etwa 100 Mikrotesla, was der zweieinhalbfachen Stärke des Erdmagnetfelds entspricht. In zwei Meter Abstand von einem Generator im Elektrizitätswerk beträgt die Magnetfeldstärke etwa 200 Mikrotesla. In Schmelzöfen und anderen Hochstromanlagen der Industrie werden Feldstärken um 100 Millitesla erreicht, was dem 2500fachen des Erdmagnetfelds entspricht. Noch größere Feldstärken werden für Zwecke der Kernfusionsforschung oder Medizin erzeugt. So können NMR-Computer-Tomographen mit Flußdichten von über 1 Tesla - dem 25 000fachen des Erdmagnetfelds - sogar die Drehimpuls- (Spin-) Achse von Atomkernen zur Richtungsänderung veranlassen. Auf diese Weise gelingt es, querschnittartige Bilder des menschlichen Körpers anzufertigen. Obwohl die Patienten dabei extremen Feldstärken ausgesetzt sind, hat dieses Verfahren nach heutigem Wissen keine schädlichen biologischen Nebenwirkungen. In jedem Fall ist es der älteren Computer-Tomographie mit Röntgenstrahlen vorzuziehen.

Thermische Wirkung nur bei Hochfrequenz

Auch die hochfrequenten Felder des Funks stellen nach bisherigem Wissen kein Risiko dar - mit Ausnahme der thermischen Wirkung, die dicht neben der Antenne von starken Sendeanlagen durch elektromagnetische Einkopplung der ausgestrahlten Energie in den Körper entstehen kann, sowie der Risiken, die in starken Hochfrequenzfeldern für die einwandfreie Funktion von Herzschrittmachern und ähnlich sensibler Elektronik bestehen.

Im Bereich der Niederfrequenz können aber weder thermische Wirkungen noch elektromagnetische Störimpulse auftreten. Während ein Hochfrequenzmonteur bei unvorsichtiger Annäherung an die Antenne einer 1000 Kilowatt-Sendeanlage Gefahr läuft, "gegrillt" zu werden, wird der Techniker direkt neben einem 1000 Kilowatt-Generator im Elektrizitätswerk nicht die geringste Wirkung verspüren. Die Träger von Herzschrittmachern brauchen ebenfalls keine Gefährdung durch die im Alltag auftretenden Felder der Stromversorgung zu befürchten.

Fragwürdige "Netzfreischalter"

Baubiologen raten mitunter zum Einbau von sogenannten Netzfreischaltern, um bestimmte Stromkreise der häuslichen Elektroinstallation vom Netz zu trennen, solange kein Strombedarf besteht. Dies ist ein sehr zweifelhafter Ratschlag, da der Einbau nicht gerade billig ist und von den relativ schwachen Feldern der häuslichen Stromversorgung keinerlei nachweisbare Beeinträchtigung ausgeht. Außerdem beseitigt ein Netzfreischalter lediglich das elektrische Feld um Leitungen oder angeschlossene Geräte, und dies auch nur dann, wenn kein Strombedarf besteht. Sobald aber Strom benötigt wird - und sei es nur für den Radiowecker - sind sowohl das elektrische als auch das magnetische Feld notwendigerweise vorhanden. Hier wird also einem Risiko, das lediglich unterstellt wird, mit Mitteln begegnet, die ziemlich nutzlos wären, falls es das Risiko tatsächlich gäbe...