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Während die meisten Felder des Alltags im Bereich von Mikrotesla (Millionstel Tesla) liegen, werden für spezielle Zwecke wie die NMR-Computer-Tomographie und die Kernfusionsforschung überaus starke Magnetfelder bis zu einigen Tesla benötigt. So kann im ringförmigen Brennraum des Tokamak TEXTOR in Jülich ein Gleichfeld von etwa 2 Tesla erzeugt werden. Es sorgt dafür, daß ein mehrere Millionen Grad heißes Plasma, das jeden bekannten Werkstoff zerstören würde, ohne Berührung der Wände im Schwebezustand bleibt. |
In Anlehnung an den Begriff des elektromagnetischen Spektrums wird oft auch dann von elektromagnetischen Feldern gesprochen, wenn nur die elektrischen und magnetischen Felder der Stromversorgung gemeint sind. Diese Ausdrucksweise ist insofern mißverständlich, als in dem extrem niedrigen Frequenzbereich der technischen Wechselströme beide Felder gesondert zu betrachten sind und noch lange nicht zum elektromagnetischen Feld gekoppelt sind.
Im Bereich der öffentlichen Stromversorgung gibt es also genau genommen keine "elektromagnetischen Felder", sondern elektrische und magnetische Felder, die im alleruntersten Teil des elektromagnetischen Spektrums dicht beim Gleichstrom liegen. Obwohl auch hier beide Felder miteinander zusammenhängen, lassen sie sich völlig separat betrachten:
1. Das elektrische Feld. Es umgibt jede elektrische Ladung, also jeden spannungsführenden Leiter, ohne daß in diesem Leiter Strom zu fließen braucht. Die Kraft, die von solchen ruhenden elektrischen Ladungen ausgeht, bezeichnet man als elektrostatische Kraft. Sie ist abhängig von der Stärke des elektrischen Feldes, das in Volt pro Meter (V/m) gemessen wird.
Feldstärkeverlauf am Erdboden unter einer 380-kV-Leitung beim elektrischen Feld (links) und beim magnetischen Feld (rechts) |
2. Das magnetische Feld. Es umgibt jede bewegte elektrische Ladung, also jeden stromdurchflossenen Leiter. Die Feldstärke richtet sich nach dem Stromfluß und wird in Ampere pro Meter (A/m) angegeben. Häufig wird anstelle der Feldstärke die magnetische "Flußdichte" in Tesla angegeben, wobei 1 A/m = 1,26 Mikrotesla gilt. Da 1 Tesla eine sehr große Einheit ist, wird üblicherweise von Milli-, Mikro- oder Nanotesla gesprochen, um Feldstärken zu charakterisieren. Also von Tausendsteln, Millionsteln und Milliardsteln dieser Einheit.
Feldstärke am Erdboden einer Spannfeldmitte (Querprofil) beim elektrischen Feld (links) und beim magnetischen Feld (rechts) |
Die elektrische Leistung ergibt sich aus der Multiplikation von Spannung und Strom (Watt = Volt x Ampere). Somit kann dieselbe Menge elektrischer Energie entweder mit hoher Spannung und geringer Stromstärke oder - umgekehrt - mit niedriger Spannung und hoher Stromstärke übertragen werden. Zum Beispiel läßt sich eine Leistung von 1000 Watt wahlweise mit einer Spannung von 100 Volt und einem Strom von 10 Ampere oder mit einer Spannung von 1000 Volt und einem Strom von 1 Ampere übertragen. In der Praxis ist das Verhältnis zwischen Spannung und Stromstärke allerdings nicht gleichgültig. Der elektrische Widerstand von Leitungen läßt sich nämlich um so verlustfreier überwinden, je geringer die Stromstärke ist. Deshalb werden die Generatorspannungen im Kraftwerk, die bereits etwa 6 bis 27 Kilovolt betragen, durch Transformatoren auf noch höhere Spannungen gebracht und über Hochspannungsleitungen zu den Verbrauchsschwerpunkten geführt. Die höchste Übertragungsspannung in Deutschland und im westeuropäischen Verbundnetz beträgt 380 Kilovolt. Für die Verteilung an Industrie, Kommunen, Gewerbe und Haushalte wird der Strom dann wieder stufenweise auf Spannungen von 110 Kilovolt, 20 Kilovolt und 400 Volt heruntertransformiert. Für die Versorgung der Haushalte wird von den drei Phasen des Drehstroms meistens nur eine Phase verwendet. Deshalb beträgt die Spannung an der Steckdose schließlich nur 230 Volt.
Gemäß der Wechselbeziehung zwischen Spannung und Stromstärke verhalten sich auch die elektrischen und magnetischen Felder bei gleicher elektrischen Leistung: Hohe Spannung bewirkt ein relativ starkes elektrisches Feld bei relativ schwachem magnetischem Feld. Bei niedriger Spannung ist es umgekehrt. Zum Beispiel ist der Stromfluß in einer Niedervolt-Lampe (12 Volt) fast zwanzigmal so stark wie in einer 230 Volt-Lampe derselben Leistung. Entsprechend wächst bei Niedervolt-Lampen das magnetische Feld, während das elektrische Feld abnimmt.
Bei Hochspannungskabeln, die in der Erde verlegt werden, wird das elektrische Feld durch eine metallene Umhüllung so gut wie völlig abgeschirmt. Das magnetische Feld läßt sich allerdings nicht durch Abschirmung beseitigen. Bei den meisten Erdkabeln ist aber ein technischer Kunstgriff möglich, der das Magnetfeld unter Ausnutzung der physikalische Eigenheiten des Drei-Phasen-Wechselstroms ("Drehstrom") reduziert: Man verlegt die drei Phasen-Leiter, deren Ströme sich gegenseitig zu Null ergänzen, möglichst eng und in gleichmäßigem Abstand zueinander. Optimal ist ein "Verdrillen" der Leiter. Dadurch können sich auch die Magnetfelder um die drei Leiter weitgehend zu Null zu ergänzen, denn mit der Differenz ihrer jeweiligen Entfernung zu einem bestimmten Punkt außerhalb des Kabels schrumpfen auch die Differenzen zwischen den Magnetfeldstärken, die an diesem Punkt auftreten - vorausgesetzt, die Phasen-Leiter werden gleichmäßig belastet, so daß bei gleichen Stromstärken auch Magnetfelder gleicher Stärke entstehen. Wie der Abstand der Leiter zueinander hat auch jede Unausgewogenheit bei der Belastung der Phasen ein Restfeld zur Folge.
Bei der Verlegung von Erdkabeln für sehr hohe Spannungen (über 110 Kilovolt) ist aus Gründen der Wärmeabfuhr ein etwas größerer Abstand der Leiter erforderlich. Höhere Feldstärken bleiben jedoch auf einen Streifen von wenigen Metern Breite an der Erdoberfläche beschränkt.
Bei Hochspannungsleitungen kann das elektrische Feld durch eine optimale Anordnung der Leiterseile reduziert werden; für das magnetische Feld ist dies wegen der Lastflußabhängigkeit der Betriebsströme nur in wenigen Ausnahmefällen möglich.
Das elektrische Feld läßt sich durch leitfähige Materialien leicht beeinflussen und abschirmen. Beispielsweise genügen schon Gebäude, Bäume oder Büsche, um im "Schatten" einer Hochspannungsleitung nahezu feldfreie Räume entstehen zu lassen. Das Innere eines leitfähigen Gegenstandes - z.B. das Innere eines Hauses - ist ebenfalls nahezu feldfrei (Prinzip des Faradayschen Käfigs). Auch der menschliche Körper verhält sich im elektrischen Feld wie ein Faradayscher Käfig: Die Oberfläche der Haut bildet dabei die Gitterstäbe, die das elektrische Feld abschirmen.
Magnetfelder dagegen durchdringen fast ungehindert die meisten Materialien. Sie können großräumig nur mit sehr großem Aufwand und mit speziellen Werkstoffen abgeschirmt werden. Deshalb ist die Stärke des Erdmagnetfelds im Innern eines Gebäudes genauso groß wie im Freien oder im Innern eines menschlichen Körpers.
Dem Menschen stehen keine Sinnesorgane zur Verfügung, um elektrische und magnetische Gleichfelder oder Wechselfelder des niederfrequenten Bereichs wahrzunehmen. - Anders als etwa die Zugvögel, die sich bei ihren Langstreckenflügen am Magnetfeld der Erde orientieren. Und auch im Unterschied zu anderen Bereichen des elektromagnetischen Spektrums, die der Mensch als Wärme oder Licht wahrnimmt.
Bei ausreichenden elektrischen Feldstärken ist jedoch eine indirekte Wahrnehmung möglich: Etwa über die Bewegung von Körperhaaren, auf deren Spitzen sich per Influenz elektrische Ladung ansammelt und die dadurch zum Sich-Sträuben oder Vibrieren gebracht werden. Im Rahmen einer Versuchsserie reagierten rund 5 Prozent der Versuchspersonen auf elektrische Feldstärken von 7 kV/m. Bei starken magnetischen Wechselfeldern sind als körperliche Folgewirkung Flimmererscheinungen vor den Augen möglich. Solche extremen Feldstärken lassen sich aber nur mit großem Aufwand erzeugen und sind im Alltag nirgendwo anzutreffen.
Das elektrische Feld bewirkt in leitfähigen Materialien eine Verschiebung elektrischer Ladung (Influenz). Durch diese Verschiebung bzw. Bewegung der elektrischen Ladung fließt in dem leitfähigen Material ein Strom. Bei Gleichspannung beschränkt sich dieser Strom auf den winzigen Moment, in dem die Ladung verschoben wird. Anders beim Wechselstrom der öffentlichen Stromversorgung: Hier ändert sich das elektrische Feld 100 mal je Sekunde (2 x je Periode). In einem leitfähigen Material, das sich innerhalb dieses Felds befindet, wird dadurch ebenfalls 100mal die Richtung der Influenz umgekehrt. So entsteht in ihm ein influenzierter Wechselstrom, der wie der Netzstrom eine Frequenz von 50 Hertz besitzt.
Die Stärke des influenzierten Stroms ist abhängig von der Frequenz, der Feldstärke sowie Form und Größe des Materials. Die Leitfähigkeit des Materials hat praktisch keinen Einfluß. Deshalb macht es kaum einen Unterschied, ob es sich bei dem Gegenstand im elektrischen Feld um einen elektrischen Leiter im üblichen Sinne - etwa einen Draht - oder um das Zellgewebe des menschlichen Körpers handelt. Allerdings mit einem kleinen physikalischen Unterschied: Im Draht erfolgt der Stromfluß im wesentlichen durch "freie" Elektronen. Im menschlichen Körper kommt dagegen der Stromfluß hauptsächlich über den Transport von Ionen zustande.
Die Stromstärke ist in allen Fällen sehr gering. Angenommen, ein Mensch stünde in Schuhen mit gut leitenden Ledersohlen in einem elektrischen Wechselfeld, würde durch seine Füße ein influenzierter Strom von etwa 15 Mikroampere je kV/m abfließen. Selbst direkt unter einer Hochspannungsleitung wird der Gesamtstrom im Körper nur in seltenen Fällen 100 Mikroampere übersteigen. Diese Stromstärke liegt um das Zehnfache bis mehr unter der Schwelle zur Wahrnehmbarkeit. Dasselbe elektrische Feld kann aber durchaus ausreichen, um eine Leuchtstoffröhre, die unter die Hochspannungsleitung gehalten wird, zu einem schwachen Leuchten zu veranlassen.
Extrem schwach sind auch die Ströme, die beim Berühren der Oberfläche elektrischer Geräte über den Menschen abfließen. Zum Beispiel am Küchenherd oder bei der Handhabung eines elektrischen Rührgeräts. Solche "Ableitströme" sind völlig ungefährlich und werden auch gar nicht wahrgenommen. Den einschlägigen Normen zufolge dürfen sie Stärken bis zu einigen hundert Mikroampere erreichen. Sie entstehen nicht etwa durch schlechte Isolierung des Geräts, sondern unter dem Einfluß des elektrischen Feldes.
Deutlich spürbar und sogar lästig werden kann die Influenz erst dann, wenn sie nicht unmittelbar auf den menschlichen Körper wirkt, sondern zunächst auf eine große Masse leitfähigen Materials, die vom Erdboden isoliert ist. Etwa auf die Metallkarosserie eines Busses, der mit gut isolierenden Reifen direkt unter einer Hochspannungsleitung steht. Die Metallmasse des Busses wirkt dann wie die Platte eines Kondensators und lädt sich entsprechend ihrer Kapazität auf. Berührt ein Mensch mit guter Verbindung zur Erde (Ledersohlen) diesen Bus, fließt die influenzierte elektrische Ladung schlagartig über ihn ab. Er empfängt dann einen spürbaren "elektrischen Schlag". Wird der Kontakt aufrechterhalten, fließt der influenzierte Folgestrom kontinuierlich über den Körper ab. Nach ausführlichen Untersuchungen von Fachleuten der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen (VEW) kann eine Gefährdung durch derartige Entladungsimpulse bei der Berührung von Fahrzeugen in 50 Hertz-Wechselfeldern in allgemein zugänglichen Bereichen der Stromversorgung ausgeschlossen werden.
Bringt man leitfähiges Material in ein Magnetfeld, wird in dem Material ein Strom "induziert". Die Stärke dieses Stroms richtet sich nach der Feldstärke, der Frequenz und der Größe des leitenden Materials. Anders als beim influenzierten Strom im elektrischen Feld kommt es beim induzierten Strom im magnetischen Feld entscheidend auf die Leitfähigkeit des Materials an. Die Stärke des Stroms wächst proportional zur Leitfähigkeit.
Die Induktionsströme, die durch die magnetischen Felder der öffentlichen Stromversorgung - etwa unter Hochspannungsleitungen - im menschlichen Körper entstehen können, liegen wie die Influenzströme der elektrischen Felder unterhalb der Schwelle zur Wahrnehmbarkeit. Merkbare Spannungen können jedoch in metallenen Leitern induziert werden, wenn diese auf eine längere Strecke zu einer Hochspannungsleitung parallel verlaufen und dabei von der Erde isoliert sind. Auf diese Weise könnten z.B. in Fernmeldekabeln oder in erdverlegten Stahlrohrleitungen mit isolierender Umhüllung Spannungen von einigen zehn Volt entstehen. Bei Beachtung der einschlägigen Normen und technischen Empfehlungen ist aber keine Gefährdung von Personen oder Sachen zu befürchten.