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Unter dem Druck von Wettbewerb und "shareholder value" verstärkten alle Stromversorger ihre Bemühungen, mit möglichst wenig Personal auszukommen. Rationalisiert wurde, dem allgemeinen Trend der Wirtschaft folgend, schon seit Jahren. So sank die Zahl der Beschäftigten in der öffentlichen Stromversorgung, die 1991 noch 217 590 betragen hatte, bis 1997 auf 171 075 Personen. Das heißt, daß in jedem Jahr durchschnittlich knapp 8000 Arbeitsplätze abgebaut wurden. Im Jahr der Liberalisierung erhöhte sich dieser Aderlaß jedoch auf knapp 11 000 Personen.
Beispielsweise hatte die Berliner Bewag bei der Liberalisierung noch 8600 Mitarbeiter. Zunächst war von insgesamt 1300 Arbeitsplätzen die Rede, die abgebaut werden sollten. Dann wurden immer höhere Zahlen genannt. Im März 2000 sah das Stellenstreichungs-Programm einen Endstand von 3700 Beschäftigten vor, was weniger als die Hälfte der ursprünglichen Arbeitsplätze war. Da bei der Eingliederung von Bewag, HEW, Veag und Laubag in den Vattenfall-Konzern durch eine Vereinbarung mit dem Land Berlin betriebsbedingte Kündigungen bis 2007 ausgeschlossen wurden, erfolgte der Abbau auf freiwilliger Basis durch Altersteilzeit, Teilzeitarbeit und Abfindungsangebote.
Der RWE-Konzern kündigte nach der Fusion mit VEW an, die Gesamtzahl seiner fast 170.000 Beschäftigten um 12.550 zu verringern. Wesentlicher Bestandteil des Konzepts war dabei, bis 2004 vier Fünftel aller Beschäftigten, die bis dahin 51 Jahre alt waren, in den Vorruhestand zu schicken. Um den Betroffenen die Entscheidung für den Vorruhestand schmackhaft zu machen, stockte deer Arbeitgeber die Bezüge kräftig auf. Die Kehrseite war, daß RWE einen großen Teil der Kosten auf die Arbeitslosen- und Rentenversicherung abwälzte.
Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) begann im Oktober 2003 mit rigorosen Stellenstreichungen, denen 3700 von insgesamt 13.000 Arbeitsplätzen zum Opfer fallen sollten. Zwar erklärte sich der Vorstand bereit, fünf Jahre lang auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Dafür mußten die Beschäftigten aber eine Verkürzung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 auf 36 Stunden ohne Lohnausgleich und andere soziale Abstriche akzeptieren.
Auch kleinere Stromunternehmen dünnten ihre Belegschaft aus. So gab die Mannheimer MVV Energie im April 2005 bekannt, daß sie im Zuge eines "Effizienzsteigerungsprogramms" rund 200 von derzeit 1.800 Arbeitsplätzen in "sozialverträglicher" Weise beseitigen werde.
Obwohl der Stellenabbau weitgehend ohne betriebsbedingte Kündigungen erreicht wurde und gerade in der Stromwirtschaft seit jeher Wert auf "sozialverträgliche" Regelungen gelegt wurde, kam es mehrfach zu Protesten der Betroffenen. So demonstrierten im August 1999 in Duisburg rund 4000 Mitarbeiter von Stadtwerken mit Parolen wie "Arbeitslos dank Wettbewerb" gegen den Preiskampf auf dem Strommarkt. Sie sahen ihre Arbeitsplätze zusammen mit der Existenz vieler kommunaler Versorger und der umweltfreundlichen Kraft-Wärme-Kopplung bedroht. In Berlin demonstrierten einen Monat später rund 20 000 Beschäftigte von Stadtwerken gegen den Abbau von Arbeitsplätzen als Folge der Liberalisierung des Energiemarktes. Kurz darauf kam es in Stuttgart, Dresden, Potsdam und Berlin zu ähnlichen Kundgebungen.
Im Mai 1999 demonstrierten rund 5000 Gewerkschafter in Brüssel. Sie verlangten von den dort tagenden Energieministern der EU ein Maßnahmenpaket zum Schutz bestehender und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die Europäische Kommission versprach ihnen die Ausarbeitung einer Studie zu den sozialen Auswirkungen der Liberalisierung im europäischen Energiemarkt.
"Verlierer des Wettbewerbs waren und sind vor allem die Beschäftigten der Stromwirtschaft", resümierte im April 1999 der damalige Präsident der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke, Heinz Klinger. Zugleich gab er der Befürchtung Ausdruck, daß "das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht" sei.
Die folgende Übersicht zeigt, wie sich die Zahl der Beschäftigten in der deutschen Stromwirtschaft sowie in der Gas-, Fernwärme und Wasserversorgung binnen 15 Jahren verringert hat:
Strom |
Gas |
Fernwärme |
Wasser |
|
1991 | 200603 | 44197 | 25528 | 50627 |
1992 | 194127 | 45126 | 24538 | 48795 |
1993 | 191564 | 46118 | 23691 | 46541 |
1994 | 187928 | 45618 | 22163 | 44702 |
1995 | 180324 | 44135 | 20406 | 43969 |
1996 | 174184 | 43083 | 18648 | 42889 |
1997 | 168261 | 42638 | 17900 | 42312 |
1998 | 160426 | 41920 | 17299 | 41343 |
1999 | 151076 | 39719 | 16399 | 39725 |
2000 | 137197 | 37747 | 16180 | 39060 |
2001 | 130507 | 35979 | 15834 | 38072 |
2002 | 131801 | 34882 | 15717 | 36932 |
2003 | 131373 | 34272 | 15332 | 36512 |
2004 | 126746 | 33404 | 15358 | 37142 |
2005 | 123000 | 33019 | 15318 | 37345 |
2006 | 122073 | 32325 | 15238 | 36660 |
Quelle: Monatsbericht des Statistischen Bundesamtes zur Energie- und Wasserversorgung vom 20.4.2007