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Als 1997 der amerikanische Stromkonzern Southern Company eine größere Beteiligung an der Berliner Bewag erwarb, rief dies noch Aufsehen hervor. Inzwischen ist die Internationalisierung der deutschen Stromwirtschaft vorangeschritten: Zum einen sicherten sich ausländische Konzerne strategische Positionen oder zumindest ein Standbein im liberalisierten deutschen Markt. Zum anderen verstärkten deutsche Stromversorger ihr Engagement bei ausländischen Unternehmen und auf ausländischen Märkten.
Beispielsweise kaufte Ende 1999 der finnische Fortum-Konzern den Regionalversorger Elektrizitätswerk Wesertal, um von dieser Bastion aus in den deutschen Strommarkt einzusteigen. Anfang 2000 wurde die französische EDF Großaktionär bei der Energie Baden-Württemberg ein und sicherte sich den maßgeblichen Einfluß auf den viertgrößten deutschen Stromversorger. Der schwedische Vattenfall-Konzern übernahm im Oktober 2000 die Mehrheit bei den Hamburger HEW und schmiedete 2002 aus Veag/Laubag, Bewag und HEW den drittgrößten deutschen Stromversorger.
Umgekehrt erweiterten deutsche Energieunternehmen ihre Geschäftstätigkeit ins Ausland. 1999 stieg die damalige PreussenElektra beim viertgrößten holländischen Stromversorger EZH ein und erwarb damit erstmals die Mehrheit an einem ausländischen Unternehmen. Andere deutsche Stromversorger engagierten sich ebenfalls jenseits der Grenzen, indem sie in der Schweiz, Rumänien, Norditalien, Ungarn, Tschechien oder Thailand investierten, kooperierten oder Beteiligungen erwarben. Der Viag-Konzern, zu dem das Bayernwerk gehörte, wollte 1999 zunächst mit der Schweizer Algroup fusionieren, bevor er sich für das Zusammengehen mit dem deutschen Veba-Konzern entschied. Sogar kleinere Stadtwerke ließen ihren Blick über die Grenze schweifen, so wie die Stadtwerke Crailsheim, die mit der schweizerischen Aare-Tessin AG (Atel) ein gemeinsames Unternehmen gründeten.
Die größten Unternehmen der Branche begriffen sich nun sogar als "global player". Der neue E.ON-Konzern - in dem im Jahr 2000 die ehemalige PreussenElektra und das Bayernwerk aufgingen - erwarb 2001 die Mehrheit am drittgrößten britischen Energieversorger Powergen, der seinerseits mit einer Tochter auf dem amerikanischen Strom- und Gasmarkt vertreten war. Der RWE-Konzern - mittlerweile mit VEW fusioniert - sicherte sich 2001 die führende Rolle in der tschechischen Gaswirtschaft und übernahm 2002 den großen britischen Energieversorger Innogy. Außerdem stieg RWE mit dem Kauf von Thames Water und American Water ins internationale Wassergeschäft ein.
Von einer "deutschen Stromwirtschaft" ließ sich insofern nur noch bedingt reden. Die frühere nationale Abschottung der Strommärkte gab es jedenfalls nicht mehr. Auch die Struktur der Anteilseigner, Aufsichtsräte, Vorstände und Belegschaften wurde immer internationaler. Gewisse Grenzen setzen allenfalls noch das westeuropäische Verbundsystem als technische Einheit sowie die Europäische Union als politische Einheit. Aber auch diese Grenzen wurden schon vielfach überschritten. Zum Geschäft mit Strom kamen vielfach noch Gas und Wasser hinzu.
Mit der neuen Größe des Marktes wuchsen die Anforderungen an die Unternehmen, die sich in diesem Markt behaupten oder gar eine führende Rolle spielen wollen. Im Gefolge der Liberalisierung kam es deshalb zu Fusionen, die früher undenkbar gewesen wären, und zwar schon deshalb, weil sie das Bundeskartellamt mit Sicherheit untersagt hätte. So hatte das Bundeskartellamt noch 1996 die geplante Beteiligung des Veba-Konzerns an den Stadtwerken Bremen untersagt, weil dadurch die Veba-Tochter PreussenElektra eine zu starke marktbeherrschende Stellung erreichen würde. Drei Jahre später konnte die Veba sogar ihre Fusion mit der Viag ankündigen, ohne daß die Wettbewerbshüter grundsätzliche Bedenken erhoben.
Veba und Viag gaben die Absicht zur Fusion im August 1999 bekannt. Im Zuge dieser Verschmelzung sollten auch die Konzerntöchter PreussenElektra und Bayernwerk ein einziges Unternehmen bilden und so zum größten deutschen Stromversorger aufrücken. Schon knapp vier Wochen später verkündeten aber die Konzerne RWE und VEW ebenfalls, daß sie sich zusammenschließen wollten. Damit sicherte sich RWE weiterhin einen E.ON ebenbürtigen Platz unter den deutschen Stromversorgern.
Beide Fusionen wurden im Laufe des Jahres 2000 vollzogen. Die früheren Verbundunternehmen PreussenElektra und Bayernwerk firmieren seitdem als E.ON Energie AG unter dem Dach das neuen E.ON-Konzerns aus Veba und Viag. Die frühere VEW Energie AG gelangte mit der VEW AG zum RWE-Konzern. Gleichzeitig übertrug der RWE-Konzern sein Kerngeschäft mit Strom, für das bis dahin die RWE Energie zuständig war, drei rechtlich selbständigen Unternehmen für Vertrieb (RWE plus), Erzeugung (RWE power) und Netz (RWE Net). Im Zuge einer weiteren Umstrukturierung wurden 2003 RWE Plus und RWE Net mit RWE Gas in der neuen "RWE Energy" als einheitlicher Vertriebsgesellschaft für Strom und Gas zusammengefaßt
Die beiden neuen Marktführer verfügten zusammen über etwa siebzig Prozent der Stromerzeugung und des Verbundnetzes. Wenn man die ihnen mehrheitlich gehörende ostdeutsche Veag miteinrechnete, waren es noch mehr. Die Zahl der Verbundunternehmen verringerte sich von acht auf sechs.
Kein Wunder, daß nun auch die Verbundunternehmen EnBW und HEW verstärkt nach potenten Partnern Ausschau hielten und diese praktisch nur noch im Ausland finden konnten. Im November 1999 teilte der Hamburger Senat mit, daß er 25,1 Prozent der HEW-Anteile dem schwedischen Energiekonzern Vattenfall AB verkaufen und die ihm noch verbleibenden 25,1 Prozent mit den Vattenfall-Anteilen bündeln werde, um bei der Wahrnehmung der Aktionärsrechte eng zusammenzuarbeiten. Damit übernahm Vattenfall bei den HEW faktisch die Führung. Ende 2000 baute Vattenfall diese Beteiligung durch Übernahme der bisherigen HEW-Anteile von E.ON und Sydkraft zu einer satten Mehrheit von 71,2 Prozent aus.
Die EnBW, die erst 1997 aus der Fusion der früheren baden-württembergischen Verbundunternehmen EVS und Badenwerk hervorgegangen war, liebäugelte schon seit längerem mit dem staatlichen französischen Stromkonzern Electricité de France (EDF). Im Januar 2000 war es so weit: Der bei weitem größte europäische Stromversorger EDF übernahm vom Land Baden-Württemberg dessen 25,01-Prozent-Anteil an der EnBW - bald danach auf 34,5 Prozent erhöht - und sicherte sich den strategischen Einfluß auf das Unternehmen.
In eine schwierige Lage geriet infolge der Liberalisierung das ostdeutsche Verbundunternehmen Veag, das den übrigen sieben Verbundunternehmen gemeinschaftlich gehört. Die Veag hatte auf Wunsch der Politik viel Geld in hochmoderne Braunkohlekraftwerke gesteckt, die sich nur langsam amortisieren. Durch die Liberalisierung sanken die Strompreise nun aber schneller als seinerzeit vorausgesehen werden konnte. Das neue Energierecht enthielt zwar eine befristete Klausel zum Schutz der Braunkohleverstromung, doch vertrug sich diese schlecht mit dem Wettbewerb, wie er sich nun entwickelte. Das Bundeswirtschaftsministerium drängte deshalb die Hauptaktionäre RWE Energie, PreussenElektra und Bayernwerk, die Abnahme und Vermarktung des Veag-Stroms selber zu übernehmen. Andernfalls sollten sie die Veag an den Staat zurückgeben. Die Hauptaktionäre zögerten freilich mit derartigen Verpflichtungen, solange sie nicht absehen konnten, wieweit das Bundeskartellamt die geplanten Großfusionen, in die sie involviert waren, von Veränderungen im Aktionärskreis der Veag abhängig machen würde. Die ausländischen Unternehmen Southern, Tractebel, Vattenfall und NRG Energy signalisierten unterdessen bereits ihr Interesse an einem Einstieg bei dem ostdeutschen Verbundunternehmen. Im Juni 2001 stand dann endgültig fest, daß E.ON und RWE die Veag abgeben mußten, um die Genehmigung der Kartellbehörden für die beiden Großfusionen Veba/Viag und RWE/VEW zu erhalten. Eine der weiteren Auflagen für E.ON lautete, die Anteile an der Berliner Bewag zu verkaufen.
Zunächst sah es so aus, als ob der Bewag-Mitaktionär Southern Energy die freiwerdenden Bewag-Anteile von E.ON übernehmen werde, um dann in einem zweiten Schritt als Mehrheitsaktionär bei der ostdeutschen Veag einzusteigen. Im August 2000 teilten aber die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) überraschend mit, daß sie mit E.ON die Übernahme des 49-Prozent-Anteils vereinbart hätten. Bei Southern Energy stieß der Handel auf heftigen Widerstand. Damit begann ein monatelanges juristisches und politisches Tauziehen um die Vorherrschaft bei dem Berliner Stromversorger.
Im Dezember 2000 übernahm HEW außerdem von E.ON und RWE deren bisherige Beteiligungen am ostdeutschen Verbundunternehmen Veag und am Braunkohleförderer Laubag. Der schwedische Vattenfall-Konzern, zu dem HEW inzwischen gehörte, profilierte sich damit immer deutlicher als "neue Kraft" auf dem deutschen Strommarkt. Neben E.ON, RWE und EnBW als Nachfolgern von PreussenElektra, Bayernwerk, VEW, EVS und Badenwerk zeichnete sich im Osten ein vierter deutscher Stromriese ab, der Veag/Laubag, HEW und Bewag beerben würde.
Zuerst mußte aber noch der Streit um die Bewag beigelegt werden. Im April 2001 einigten sich HEW/Vattenfall und Mirant (vormals Southern Energy) auf die "partnerschaftliche und gleichberechtigte" Führung des Unternehmens. Sie sollte so aussehen, daß beide Seiten mit jeweils rund 43 Prozent an der Bewag beteiligt sind. Bis August 2003 sollten Veag/Laubag, Bewag und HEW unter einer Obergesellschaft zusammengeführt werden. Hauptgesellschafter dieser Holding mit Sitz in Berlin wären Vattenfall und Mirant unter Führung des ersteren Unternehmens geworden. HEW und Bewag sollten nur noch als Vertriebsgesellschaften für ihre traditionellen Standorte fungieren. Entsprechend diesen Vereinbarungen unterzeichneten HEW und Mirant im August 2001 eine Konsortialvereinbarung zur gleichmäßigen Wahrung ihrer Beteiligungen an der Berliner Bewag. In Kürze sollte ein weiterer Konsortialvertrag folgen, der auch die künftige Zusammenarbeit beider Unternehmen als Aktionäre von VEAG und LAUBAG geregelt hätte. Dazu kam es aber nicht, weil Mirant die Vereinbarungen über die Bildung einer "vierten Kraft" unter Führung von Vattenfall wieder in Frage stellte. Kurze Zeit sah es deshalb so aus, als ob der neue ostdeutsche Stromriese ein Torso bleiben würde. Im Dezember 2001 einigte sich dann aber der Vattenfall-Konzern überraschend doch noch mit dem Mirant-Konzern, indem er dessen Bewag-Beteiligung für 1,63 Milliarden Dollar kaufte. Zusammen mit der Beteiligung von HEW verfügte Vattenfall damit über 89,6 Prozent des Aktienkapitals an der Bewag und 92 Prozent der Stimmrechte und konnte die Pläne für die Bildung einer "neuen Kraft" auf dem deutschen Strommarkt aus HEW/Vattenfall, Bewag, Veag und Laubag in der vorgesehenen Form verwirklichen.
Als Folge der drei "Elefantenhochzeiten" zwischen PreussenElektra und Bayernwerk, RWE und VEW sowie Veag, Bewag und HEW halbierte sich die Zahl der Verbundnetzbetreiber binnen zwei Jahren von acht auf vier. |
Im August 2002 wurde mit der Zusammenfassung von Bewag, HEW, Veag und Laubag unter dem Dach der neuen Vattenfall Europe AG begonnen. Die traditionsreichen Namen HEW und Bewag - beide Unternehmen waren über hundert Jahre alt - blieben noch kurze Zeit als Vertriebsmarken erhalten, ehe auch sie Anfang 2006 von der Bildfläche verschwanden. Das operative Geschäft der früheren Unternehmen Bewag, HEW, Laubag und Veag wurde unter dem Dach der neuen Holding Vattenfall Europe AG neu gegliedert und auf sechs Geschäftsbereiche verteilt. Statt Geschäftsbereich hieß es nun allerdings "business unit", da man auch beim drittgrößten deutschen Stromkonzern dem üblichen Management-Kauderwelsch huldigte. Der Tagebau und die Kraftwerke kamen so zur "Business Unit Mining & Generation". Die übrigen Geschäftsbereiche hießen "Trading" (Stromhandel), "Transmission" (Transportnetz), "Distribution" (Verteilnetz), "Sales" (Vertrieb) und "Heat" (Fernwärme). Durch die Einverleibung von Veag, HEW und Bewag in die deutsche Vattenfall-Tochter verringerte sich die Zahl der Verbundunternehmen weiter auf vier.
Parallel zum Einstieg ausländischer Stromkonzerne suchten deutsche Energieversorger lohnende Beteiligungen jenseits der Grenzen. So schluckte der E.ON-Konzern 2002 in Großbritannien den Energieversorger Powergen, der mit einer Tochtergesellschaft auch auf dem amerikanischen Strom- und Gasmarkt vertreten war. Durch weitere Zukäufe wurde er bald der größte Stromversorger und der zweitgrößte Verteilnetzbetreiber Großbritanniens. Hinzu erwarb er im September 2005 die britische Gasfördergesellschaft COGL und erwog als nächstes Ziel die Übernahme von "Scottish Power".
Zu den besonderen Interessensphären von E.ON gehörten ferner Skandinavien, Osteuropa und Österreich. Im April 2001 gab die EU-Kommission grünes Licht für die Übernahme des schwedischen Stromversorgers Sydkraft, an dem schon der E.ON-Vorläufer PreussenElektra beteiligt war. Im Juli 2001 vereinbarte E.ON mit dem österreichischen Verbund die Gründung einer gemeinsamen Wasserkraftgesellschaft, die dann aber unter dem Eindruck einer monatelangen Medienkampagne gegen den "Ausverkauf österreichischer Wasserkraft" doch nicht zustande kam. Umso erfolgreicher expandierte der E.ON-Konzern in Osteuropa: Im Juli 2003 erlangte er durch die Übernahme von zwei tschechischen Regionalversorgern ein zusammenhängendes Versorgungsgebiet in Tschechien, der Slowakei und Ungarn. Im folgenden Jahr erwarb er Mehrheitsbeteiligungen an zwei bulgarischen Stromverteilern und am rumänischen Gasverteiler Distrigaz Nord.
Der RWE-Konzern beteiligte sich im Mai 2001 mit 49 Prozent am österreichischen Regionalversorger KELAG, der im übrigen mehrheitlich im Eigentum des Bundeslands Kärnten blieb. Ein Jahr später kaufte er für fünf Milliarden Euro den britischen Energieversorger Innogy. Im April 2002 kam er bei der Teilprivatisierung des slowakischen Stromversorgers VSE zum Zuge. Im Oktober 2002 übernahm er die Mehrheit am polnischen Stromversorger STOEN, der in Warschau mehr als 780.000 Endkunden beliefert. Im selben Jahr erlangte er die Mehrheit an sechs von acht tschechischen Gasversorgern. Die größten Auslandsinvestitionen tätigte er aber außerhalb des Energiebereichs mit dem Erwerb der Wasserversorger Thames Water (Großbritannien) und American Water Works (USA).
Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) begab sich ebenfalls auf ausländisches Terrain: Im April 2001 stieg sie beim spanischen Stromversorger Hidrocantabrico ein. Dies geschah offensichtlich auf Wunsch ihres Großaktionärs "Electricité de France" (EDF). Trotz verschiedener Winkelzüge und wechselnder Allianzen gelang es ihr aber nicht, die Mehrheit am viertgrößten spanischen Stromversorger zu erlangen, worauf sie ihre 34,58-Prozent-Beteiligung im Juli 2004 wieder abstieß und der portugiesischen EDP überließ. Ihr wichtigstes Interesse im Ausland galt fortan dem niederöstererichische Landesversorger EVN, an dem sie ihre Beteiligung zielstrebig ausbaute, um zumindest als Juniorpartner des staatlichen Mehrheitseigentümers mitreden zu können.
Der verlustreiche Rückzug der EnBW von der iberischen Halbinsel zeigt, daß die Ausflüge ins Ausland nicht durchweg von Erfolg gekrönt waren und die zugrunde liegende Strategie mitunter eher einem Zickzack-Kurs glich. So trennte sich der RWE-Konzern im September 2003 von seiner Mehrheitsbeteiligung am US-Steinkohleunternehmen Consol Energy und zog sich ganz aus dem US-Energiehandel zurück, in den er erst vor kurzem eingestiegen war. Einer noch größeren Fehleinschätzung erlag der Konzern bei seinem Einstieg ins internationale Wassergeschäft: Schon im Herbst 2005 wollte er sich wieder von "Thames Water" und "American Water" trennen, die er erst vor fünf bzw. vier Jahren für teures Geld erworben hatte.
Im März 2006 meldete der E.ON-Konzern die geplante Übernahme des spanischen Strom- und Gasversorgers Endesa bei der EU-Kommission zur Genehmigung an. Die Anregung dazu kam anscheinend sogar von seiten des Endesa-Managements, das die von der Regierung beabsichtigte Fusion mit dem einheimischen Energieversorger Gas Natural ablehnte. Die EU-Kommission hatte keine Einwände. Die spanische Regierung widersetzte sich aber dem Vorhaben mit allen Mitteln. Auch der italienische Staatskonzern Enel mischte sich ein und half zusammen mit dem spanischen Baukonzern Acciona, die Kosten einer Übernahme so in die Höhe zu treiben, daß sich der ursprünglich von Gas Natural gebotenen Kaufpreis fast verdoppelte. Am Ende eines über einjährigen Ringens verzichtete E.ON auf den Mehrheitserwerb. Im Gegenzug verpflichteten sich Enel und Acciona, umfangreiche Beteiligungen aus dem von ihnen erworbenen Endesa-Konzern an E.ON weiter zu verkaufen.
Lehrgeld zahlen mußten auch ausländische Investoren, die ihr Glück in Deutschland versuchten: So bot der finnische Fortum-Konzern den Regionalversorger Wesertal, den er erst 1999 für 380 Millionen Euro von den früheren kommunalen Eigentümern erworben hatte, schon zwei Jahre später wieder zum Verkauf an. Den Finnen dämmerte, daß die angestrebte Expansion auf dem deutschen Markt ihre Kräfte überstieg, zumal ihnen vor allem in der PreussenElektra bzw. der späteren E. ON Energie ein mächtiger Konkurrent gegenüberstand. Der E.ON-Konzern ließ sich den Erwerb des Regionalversorgers 545 Millionen Euro kosten, so daß Fortum trotz allem ein gutes Geschäft machte. Zusätzlich bekam Fortum eine Option auf den Erwerb der finnischen E.ON-Tochter. Im Sommer 2003 verschmolz E.ON den frisch erworbenen Regionalversorger Wesertal mit den Töchtern Pesag und EMR zur E.ON Westfalen-Weser AG.
Auch kleinere deutsche Energieunternehmen betätigten sich mit mehr oder weniger Erfolg jenseits der Grenzen: Zum Beispiel beschloß 2004 die MVV Energie die Trennung von Tochtergesellschaften in Spanien, Portugal und Kroatien, deren Ergebnisse enttäuscht hatten, behielt aber ihre Beteiligungen an Fernwärmeunternehmen in Polen und Tschechien.