Themen-Auswahl | ENERGIE-WISSEN | Leitseite |
Nach schwierigen politischen Verhandlungen einigten sich die Wirtschafts- und Energieminister der Europäischen Union im Juni 1996 auf die erste Richtlinie zur Liberalisierung des Binnemarktes für Strom: Eineinhalb Jahre später folgte eine erste Richtlinie für Gas, die aber vorläufig weniger praktische Bedeutung hatte.
Die Strom-Richtlinie ermöglichte ein Nebeneinander des von Frankreich favorisierten Modells des Alleinkäufers (Single Buyer) mit dem Modell des Verhandelten Netzzugangs (NTPA - Negotiated Third Party Access), dem die übrigen EU-Partner den Vorzug gaben. Die Richtlinie trat Anfang 1997 in Kraft und sollte von den beteiligten Ländern innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Die erste Phase des europäischen Strom-Binnenmarktes begann somit Anfang 1999. Für Belgien und Irland war eine zusätzliche Übergangsfrist von einem und für Griechenland von zwei Jahren vorgesehen.
Die Mitgliedsländer konnten sich entweder für das Modell des Verhandelten Netzzugangs oder das Modell des Alleinkäufers entscheiden. In beiden Fällen mußte gewährleistet sein, daß die zugelassenen Großkunden auch tatsächlich beliefert werden können. Die Netzbetreiber durften eine Durchleitung nur verweigern, falls sie nicht über die notwendigen Kapazitäten verfügten.
Die Richtlinie sah eine schrittweise Öffnung der nationalen Strommärkte innerhalb von neun Jahren für solche Großverbraucher vor, welche die Voraussetzungen eines "zugelassenen Kunden" erfüllen. Das jeweilige Ausmaß der Marktöffnung berechnete sich auf der Grundlage des prozentualen Anteils industrieller Großverbraucher mit einem bestimmten Jahresverbrauch am europäischen Gesamtverbrauch: In der ersten Phase dienten die Großkunden mit einem Jahresverbrauch ab 40 Gigawattstunden (GWh) als Berechnungsgrundlage, woraus sich eine Öffnung der nationalen Märkte von etwa 23 Prozent ergab. Nach drei Jahren wurde die Schwelle auf 20 GWh und nach weiteren drei Jahren auf 9 GWh gesenkt. Dadurch erweiterte sich die Marktöffnung auf ca. 27 bzw. ca. 33 Prozent. Der Zeitpunkt der völligen Liberalisierung wurde in der Richtlinie offen gelassen.
Großkunden mit einem Jahresverbrauch von über 100 GWh galten in jedem Fall als "zugelassene Kunden". Die übrigen Unternehmen partizipierten in der Reihenfolge ihres Verbrauchs, bis die jeweils gültige Quote der Marktöffnung erreicht war.
Es stand den Mitgliedsstaaten frei, ihre Strommärkte noch mehr zu öffnen, als die EU-verbindliche Quote vorschrieb. Auf Wunsch der Bundesregierung, die eine weitergehende nationale Liberalisierung des Strommarktes anstrebte und 1998 verwirklichte, wurde für diesen Fall eine "Anti-Ungleichgewichts-Klausel" aufgenommen. Sie sollte sicherstellen, daß deutsche Versorgungsunternehmen Lieferungen über ihr Netz an solche Kunden ablehnen können, die im anderen Mitgliedsland nicht ebenfalls zum Wettbewerb zugelassen wären.
Im November 2002 beschlossen die Energieminister der Europäischen Union zwei neue Richtlinie zur Beschleunigung der Energiemarkt-Liberalisierung bei Strom und Gas . Danach werden die europäischen Märkte für Strom und Gas bis 1. Juli 2007 vollständig geöffnet. Bereits bis zum 1. Juli 2004 haben gewerbliche Kunden in allen EU-Ländern die Möglichkeit, ihre Strom- und Gaslieferanten frei zu wählen.
Ferner vereinbarten die Energieminister bis 2007 eine rechtliche Entflechtung ("legal unbundling") zwischen Netzbetreibern und Stromlieferanten. Bisher genügte die buchhalterische Tennung des Netz- und Vertriebsbereichs. Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind kleine Unternehmen, die weniger als 100.000 Haushalt versorgen. Damit sind in Deutschland die meisten Stadtwerke vom "legal unbundling" befreit.
Im September 2009 erließ die EU zum dritten Mal Richtlinien fŸr die BinnenmŠrkte bei Strom und Gas. Sie regeln vor allem die die Entflechtung des Transportnetzbetriebs, für die es drei Möglichkeiten gibt:
Ausführlichere Informationen mit der weiteren Entwicklung bis heute siehe: