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Für den Bau und Betrieb von Kernkraftwerken sind die Bestimmungen des Atomgesetzes maßgebend. |
Das seit 1960 geltende und zuletzt 1998 novellierte Atomgesetz formulierte die Rahmenbedingungen für die friedliche Nutzung der Kernenergie in Deutschland und damit für rund ein Drittel der Stromerzeugung. Es enthielt Regelungen für das Genehmigungsverfahren, den Bau und die Betriebsüberwachung von kerntechnischen Anlagen, für Besitz, Verwahrung und Transport radioaktiver Stoffe, für die Entsorgung kerntechnischer Anlagen, für den Schutz vor radioaktiven Gefahren und für die Versicherung von Schadenersatzpflichten. Die Details wurden durch Verordnungen geregelt.
Die Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke wurden 1994 nochmals erhöht: Nach § 7 Abs. 2 a Atomgesetz durfte neue Anlagen nur dann genehmigt werden, wenn selbst im unwahrscheinlichen Fall einer Kernschmelze "einschneidende Maßnahmen zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen außerhalb des abgeschlossenen Geländes der Anlage nicht erforderlich" werden.
Nach eineinhalb Jahren Verhandlungen einigten sich die Bundesregierung und die vier größten Kernkraftwerksbetreiber im Juni 2000 auf die Rahmenbedingungen für die weitere Nutzung der Kernenergie in Deutschland bzw. die von der Regierungskoalition angestrebte "geordnete Beendigung der Kernenergie". Die Bundesregierung entwarf auf dieser Grundlage eine Novelle zum Atomgesetz, die als "Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren", das der Bundestag am 14. Dezember 2001 mit den Stimmen der rot-grünen Koalition beschloß und am 27. April 2002 in Kraft trat.
Dieses neue Atomgesetz sah eine Regellaufzeit von 32 Kalenderjahren für die Kernkraftwerke vor. Für die 19 Reaktoren, die bei seinem Inkrafttreten in Deutschland am Netz waren, ergab sich daraus insgesamt eine "Reststrommenge" von 2 516,05 Terawattstunden (TWh). Diese erhöhte sich um weitere 107,25 TWh für das Kernkraftwerk Mülheim-Kärlich, auf dessen Wiederinbetriebnahme RWE verzichtete. Die für die einzelnen Kernkraftwerke geltenden Reststrommengen konnten grundsätzlich auch übertragen werden, so dass sich aus dem Gesetz keine exakten Restlaufzeiten für einzelne Kernkraftwerke ableiten ließen.
Die Entsorgung radioaktiver Abfälle wurde ab Juli 2005 auf die direkte Endlagerung beschränkt. Bis dahin blieben die Wiederaufarbeitung und die damit verbundenen Transporte zulässig. Um die Zahl der Nukleartransporte zu verringern, errichteten die KKW-Betreiber standortnahe Zwischenlager für die Aufnahme abgebrannter Brennelemente. Die Erkundung des Salzstocks bei Gorleben wurde für mindestens drei, längstens jedoch zehn Jahre unterbrochen. Sowohl für die Pilotkonditionierungsanlage in Gorleben (PKA) als auch für das Endlager Schacht Konrad sollte das Genehmigungs- bzw. Planfeststellungsverfahren nach den gesetzlichen Bestimmungen abgeschlossen werden, wobei die Nutzung der PKA auf die Reparatur schadhafter Behälter beschränkt wurde.
Die seit 2002 geltende Neufassung des Atomgesetzes war allerdings von den Oppositionsparteien nicht mitgetragen worden. Als Union und FDP Ende 2009 an die Regierung kamen, vereinbarten sie im Koalitionsvertrag eine Revision des Atomausstiegs. Das entsprechend geänderte Atomgesetz trat ein Jahr später in Kraft und verlängerte die Laufzeiten der 17 deutschen Kernkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre.Mit den Stimmen der Regierungsmehrheit beschloß das Parlament außerdem die Einführung einer Steuer auf Brennelemente und die Errichtung eines Sondervermùgens "Energie- und Klimafonds" aus der mit den Kernkraftwerksbetreibern vereinbarten "Förderabgabe". Die Brennelementesteuer und der Klimafonds waren als finanzielle Gegenleistungen der KKW-Betreiber für die Verlängerung der Laufzeiten gedacht.
Die Katastrophe, die sich am 11. März 2011 im japanischen Kernkraftwerk Fukushima ereignete, die Situation erneut grundlegend: Dieselbe Regierung, die eben erst die Laufzeiten verlängert hatte, verfügte nun die dauerhafte Abschaltung der acht ältesten deutschen Kernkraftwerke. Soweit diese noch über Reststrommengen verfügten, wurden sie auf die neun verbliebenen Anlagen übertragen, die dann von Ende 2015 bis Ende 2022 ebenfalls vom Netz gehen sollen. Das im Sommer 2011 erneut revidierte Atomgesetz kehrte zur alten Fassung mit den ursprünglich vorgesehenen Reststrommengen zurück. Sie wird seitdem jedoch ergänzt durch die Festsetzung von Schlußterminen, bis zu denen die einzelnen Anlagen längstens in Betrieb bleiben dürfen, um die verbleibenden Reststrommengen abzuarbeiten.
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