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Perpetuum mobile als Antrieb einer Schleiferei (Entwurf von Jacopo de Strada, um 1580)

Energie vom Heinzelmännchen

Das Perpetuum mobile hat Generationen von Erfindern beschäftigt

Einer Legende zufolge gab es in Köln am Rhein einst die Heinzelmännchen, die den Bürgern das Leben ungemein erleichterten: Nachts, wenn alle schliefen, rückten sie an, und morgens war dann die Arbeit getan, ohne daß jemand die Wichte gehört oder zu Gesicht bekommen hätte. Leider war eine neugierige Schneidersfrau äußerst erpicht darauf, die Heinzelmännchen bei ihrem nächtlichen Treiben zu ertappen. Sie stellte deshalb eine Art Alarmanlage auf, indem sie auf der Treppe Erbsen ausstreute: Die kleinen Helfer rutschten prompt auf den Erbsen aus, purzelten mit Getöse die Treppe hinunter und blieben fortan beleidigt weg.

Ähnlich wie mit den Heinzelmännchen verhält es sich mit dem Perpetuum mobile: Wie der lateinische Name besagt, handelt es sich um eine Maschine, die ständig in Bewegung ist, indem sie sich selber antreibt und nebenbei auch noch nützliche Arbeit verrichtet: Das muß man sich so vorstellen, daß etwa ein Wasserrad jenes Wasser, von dem es angetrieben wird, wieder ins Reservoir hochpumpt und nebenbei noch einen Schleifstein dreht. Eine glänzende Perspektive! Generationen von Erfindern haben deshalb viel Gehirnschmalz und bastlerisches Geschick darauf verwendet, sie zu verwirklichen. Das Perpetuum mobile wäre ein vollwertiger Ersatz für die Heinzelmännchen gewesen - dazu noch unempfindlich gegen Erbsen und neugierige Schneidersfrauen.

Aber aus irgendeinem Grunde wollten alle diese Maschinen nicht funktionieren. Und wenn sie es doch mal taten, stellte sich das bald als Betrug heraus. Die bekannteste Gaunerei auf diesem Gebiet verübte ein gewisser Beszler-Orffyreus, der Anfang des 18. Jahrhunderts das Fürstentum Hessen-Kassel mit einer solchen Wundermaschine verblüffte - bis sich herausstellte, daß das Perpetuum mobile insgeheim von Menschenhand gedreht wurde.

Mit diesem Schwerkraftrad hat Leonardo da Vinci die Gesetze der Physik zu überlisten versucht. Es hat auf der Vorder- und Rückseite fünf gekrümmte Blechkammern, die mit Quecksilber gefüllt sind (um 1500, Nachbau)

Im Laufe des 18. Jahrhunderts verdichtete sich dann unter Wissenschaftlern die Überzeugung, daß ein Perpetuum mobile grundsätzlich nicht funktionieren könne. Und zwar deshalb, weil bei jeder Energieumwandlung ein Teil der nutzbaren Energie verlorengeht. Zum Beispiel nutzt kein Wasserrad die kinetische Energie des Wassers hundertprozentig aus. Durch die Reibung der Achse geht weitere Energie verloren. Auch die Pumpe, die das Wasser wieder nach oben befördern soll, arbeitet nur mit Verlusten. Eine Maschine, die dauernd in Bewegung ist, indem sie sich selber antreibt, ist also ein Unding. Vollends illusorisch wäre es, sie nebenher auch noch für nützliche Arbeit einzusetzen.

Zu den frühesten Stimmen, die das Perpetuum mobile ins Reich der Unmöglichkeit verwiesen, gehörten Newton und Leibniz. Die Gelehrten traten damit die Nachfolge der Schneidersfrau zu Köln an: Sie knipsten das Licht an und verscheuchten die Heinzelmännchen, die solche Erbsenzählerei nicht ausstehen konnten. Die Welt war nun zwar etwas klüger geworden, aber auch um einen Traum ärmer.

Schweren Herzens entschloß man sich zum endgültigen Abschied von den maschinellen Heinzelmännchen. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war das Problem für den seriöseren Teil der Wissenschaftler erledigt und 1775 beschloß die Pariser Akademie, grundsätzlich keine Konstruktionsvorschläge für Perpetua mobiles mehr anzunehmen. Dies bedeutet allerdings nicht, daß keine solchen Vorschläge mehr gemacht wurden. Bis heute müssen sich Patentämter mit unentwegten Erfindern herumplagen, die partout nicht einsehen wollen, daß ein Perpetuum mobile nicht funktionieren kann.


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